Kommentar Parlament in Birma: Denkwürdig wie merkwürdig
In Birmas Parlament hat die NLD von Aung San Suu Kyi die Mehrheit – ohne demokratische Opposition. Doch Demokratie fällt nicht vom Himmel.
I n Birma ist am Montag erstmals das im November demokratisch gewählte Parlament zusammengetreten. In ihm haben die Abgeordneten der Nationalen Liga Demokratie (NLD) der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi eine große Mehrheit. Es ist ein so denkwürdiges wie merkwürdiges Ereignis. Die vielen neuen völlig unerfahrenen Parlamentarier bekommen Nachhilfe. Manche haben Tränen in den Augen, weil andere sie auserkoren haben, sie selbst aber eigentlich nie Abgeordnete sein wollten. Viele können nicht erklären, welche Projekte sie planen, erklären aber wie Parteisoldaten unisono, dass dafür ja Aung San Suu Kyi ganz genau wüsste, was zu tun sei.
Dann kann man ernsthaft die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Man kann vor einer „demokratischen“ Diktatur warnen. Es paranoid finden, dass NLD-Mitglieder Interviews nach der Hälfte der Zeit ohne Vorwarnung abbrechen. Und man kann sich fragen, inwieweit ein Parlament, in das so gut wie keine Opposition gewählt worden ist, eigentlich demokratisch funktionieren soll.
Man kann sich aber auch vor Augen halten, dass man es mit Birma zu tun hat. Ein Land, in dem tausende mutige Menschen sich gegen die Unterdrückung einer herrisch-schwachsinnigen Militärjunta auflehnten und dafür teilweise Jahrzehnte im Gefängnis zubrachten. Viele von ihnen sitzen nun in diesem Parlament.
Das ist außergewöhnlich. Und es verdient nicht nur unseren wachsamen Blick, sondern auch Hilfe, Geduld und Respekt.
Wenn fähige NLD-Kandidaten immer frustrierter werden, weil sie von alten Machtzirkeln kleingehalten werden, dann ist das alarmierend. Aber auch ein sicheres Zeichen dafür, dass in diesem Land die Demokratie Einzug gehalten hat. Noch nirgendwo ist sie vom Himmel gefallen. Sie ist bestimmt keine heile Welt. Und sie ist jeden Tag aufs Neue ein Kampf. Herzlich willkommen, Birma und viel Glück!
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