Kommentar zum ÖPNV in Hamburg: Nicht neidisch werden
Die Gewerkschaft Ver.di könnte in Verhandlung mit der Stadt für ein Jobticket ein Modell etablieren, das zur Nachahmung anregt.

Nicht immer ein Vergnügen: Einstieg in die S-Bahn am Hamburger Hauptbahnhof Foto: dpa
Einmal vom Stadtrand in die Innenstadt zu fahren kostet bis zu 7,40 Euro. Die Preise für Bus und Bahn tun Menschen in Hamburg mit klammem Geldbeutel wirklich weh. Und dann sollen all jene, die für diese Stadt arbeiten, von dieser Last für immer befreit werden? Zugegeben, das zu hören lässt einen im ersten Moment schon schlicht neidisch werden. Und skeptisch. Werden die, die in den Ämtern arbeiten und Entscheidungen vorbereiten, noch wissen, wie es den normalen Leuten geht?
Auf den zweiten Blick scheint ein Argument aber vernünftig. Ein Gratis-Jobticket für alle Stadt-Beschäftigten würde tatsächlich eine große Gruppe zum Umstieg auf den HVV ermuntern. Die Gewerkschaft Ver.di könnte in Verhandlung mit der Stadt also ein Modell etablieren, das zur Nachahmung anregt.
Die Idee einer Karte nach Vorbild des Semestertickets hat auch Charme. Es ist nicht einzusehen, dass große private Firmen ihren Mitarbeitern günstige Profi-Cards anbieten, die Stadt ihren Beschäftigten aber nicht. Das Thema ist älter, doch nie war so viel Druck und Bewegung drin wie heute.
Keine Gruppe ausschließen
Eine Studie des Umweltverbandes BUND von 2011 hat vorgerechnet, dass für die 3,3 Millionen Menschen im HVV-Einzugsgebiet ein sogenanntes Bürgerticket nach dem Solidarprinzip funktionieren würde. Refinanziert wäre das, wenn sich alle beteiligten und 170 Euro im Jahr zahlten. Das wären 14 Euro im Monat. Eine andere Finanzierung, die in größeren Maßstäben denkt, ist möglich. Warum nicht eine Arbeitgeberabgabe wie in Wien oder deutlich mehr Steuergeld für Bus und Bahn, wenn es doch das Klima schützt?
Was schwierig wäre, ist eine Ausschließeritis. Wenn Junge, Alte, Studis, Azubis, immer mehr Teilgruppen der Gesellschaft zur günstigen HVV-Nutzung eingeladen werden, aber die normale Verkäuferin oder der arbeitslose Hartz-IV-Empfänger ausgeschlossen sind. Die Wiedereinführung des einstigen Sozialtickets muss also ganz oben stehen. Und wenn man den Preis fürs Semesterticket mal zwölf nimmt, kommt fast das 365-Euro-Jahresticket dabei raus. Eigentlich die coolste Lösung.
Kommentar zum ÖPNV in Hamburg: Nicht neidisch werden
Die Gewerkschaft Ver.di könnte in Verhandlung mit der Stadt für ein Jobticket ein Modell etablieren, das zur Nachahmung anregt.
Nicht immer ein Vergnügen: Einstieg in die S-Bahn am Hamburger Hauptbahnhof Foto: dpa
Einmal vom Stadtrand in die Innenstadt zu fahren kostet bis zu 7,40 Euro. Die Preise für Bus und Bahn tun Menschen in Hamburg mit klammem Geldbeutel wirklich weh. Und dann sollen all jene, die für diese Stadt arbeiten, von dieser Last für immer befreit werden? Zugegeben, das zu hören lässt einen im ersten Moment schon schlicht neidisch werden. Und skeptisch. Werden die, die in den Ämtern arbeiten und Entscheidungen vorbereiten, noch wissen, wie es den normalen Leuten geht?
Auf den zweiten Blick scheint ein Argument aber vernünftig. Ein Gratis-Jobticket für alle Stadt-Beschäftigten würde tatsächlich eine große Gruppe zum Umstieg auf den HVV ermuntern. Die Gewerkschaft Ver.di könnte in Verhandlung mit der Stadt also ein Modell etablieren, das zur Nachahmung anregt.
Die Idee einer Karte nach Vorbild des Semestertickets hat auch Charme. Es ist nicht einzusehen, dass große private Firmen ihren Mitarbeitern günstige Profi-Cards anbieten, die Stadt ihren Beschäftigten aber nicht. Das Thema ist älter, doch nie war so viel Druck und Bewegung drin wie heute.
Keine Gruppe ausschließen
Eine Studie des Umweltverbandes BUND von 2011 hat vorgerechnet, dass für die 3,3 Millionen Menschen im HVV-Einzugsgebiet ein sogenanntes Bürgerticket nach dem Solidarprinzip funktionieren würde. Refinanziert wäre das, wenn sich alle beteiligten und 170 Euro im Jahr zahlten. Das wären 14 Euro im Monat. Eine andere Finanzierung, die in größeren Maßstäben denkt, ist möglich. Warum nicht eine Arbeitgeberabgabe wie in Wien oder deutlich mehr Steuergeld für Bus und Bahn, wenn es doch das Klima schützt?
Was schwierig wäre, ist eine Ausschließeritis. Wenn Junge, Alte, Studis, Azubis, immer mehr Teilgruppen der Gesellschaft zur günstigen HVV-Nutzung eingeladen werden, aber die normale Verkäuferin oder der arbeitslose Hartz-IV-Empfänger ausgeschlossen sind. Die Wiedereinführung des einstigen Sozialtickets muss also ganz oben stehen. Und wenn man den Preis fürs Semesterticket mal zwölf nimmt, kommt fast das 365-Euro-Jahresticket dabei raus. Eigentlich die coolste Lösung.
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Kommentar von
Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
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