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Kommentar zum Info-ContainerWir sollten uns erinnern

Der Bezirk räumt den Info-Container am Oranienplatz ab. Und wieder schieben sich alle die Verantwortung zu. Auf der Strecke bleiben die Flüchtlinge.

KIare Botschaften, langer Protest: das Camp auf dem Oranienplatz. Foto: dpa

Es ist alles gelaufen wie immer: PolitikerInnen und Behörden schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu; mit den Betroffenen ist angeblich alles abgesprochen; Zusagen gemacht haben will aber keiner. Und den Flüchtlingen bleibt am Ende: nichts.

So lief es mit den Versprechungen, die den BesetzerInnen des Oranienplatzes bei den Verhandlungen mit Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) gemacht wurden, und derentwegen sie den Platz einst räumten. So lief es mit dem letzten sichtbaren Zeichen der Proteste: dem Info-Container auf dem O-Platz. Der ist jetzt weg. Und in der Flüchtlingspolitik haben Politiker es gerne, wenn wegbleibt, was einmal weg ist. Deshalb haben die AktivistInnen wohl recht, wenn sie sagen, dass trotz anderer Zusagen wohl kein neuer aufgebaut werden wird.

Bisher einmaliger Protest

Damit ist das Flüchtlingscamp – ein in Art und Dauer bisher einmaliger Protest von Geflüchteten in Berlin – endgültig Geschichte. Ab Oktober 2012 hatte der Protest auf dem zentralen Kreuzberger Platz Menschen aufgerüttelt, beschäftigt, geärgert und zum Handeln bewegt. Für die Flüchtlinge ist am Ende nicht viel dabei herausgekommen. Die meisten kämpfen bis heute um ihr Überleben, um ihr Bleiberecht. Und die meisten tun das nicht mehr öffentlich.

Alles wie immer also: Flüchtlinge bleiben unsichtbar, kämpfen allein. Werden sie wahrgenommen, dann eher als Störung, als Bittsteller. Es ist deshalb schade um das spurlose Verschwinden des Camps. Wir sollten uns erinnern. Und es stünde Friedrichshain-Kreuzberg gut an, dafür etwas zu tun.

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1 Kommentar

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  • Liebe Alke Wierth,

     

    selten guter und in seiner Kürze treffender Kommentar hierzu.

     

    Besonders wichtig und bitter in der Perspektive der Betroffenen Ihre Feststellung:

     

    "Die meisten kämpfen bis heute um ihr Überleben, um ihr Bleiberecht. Und die meisten tun das nicht mehr öffentlich."

     

    Je länger dieser Zustand der Vereinzelung durch die immer enger angelegten bürokratischen Daumen-Schrauben und die permanent aufrecht erhaltene Existenz-Angst anhält, desto mehr wird dadurch die Entpolitisierung des Konflikts erreicht. Ähnlich wie die Menschen verachtende Sozialbürokratie für Menschen mit dem "Glück", hier geboren zu sein, nur noch um Einiges schlimmer.

     

    MfG