Kommentar zu Italiens Regierungskrise: Ewig grüßt das Murmeltier

Italiens Regierung steht vor dem Aus. Um die wirtschaftliche Stabilität muss sich das Land nicht sorgen. Wohl aber um den Sieg einer populistischen Koalition.

Es ist Dezember, es ist Krise, Berlusconi wird vom bisherigen Allianzpartner verraten und kassiert ein Misstrauensvotum im Parlament. So wird es bald sein - und so war es schon einmal, im Jahr 1994. Italien scheint in einer Zeitschleife gefangen, mit dem ewig gleichen Berlusconi, der demnächst in seinen sechsten Wahlkampf mit den ewig gleichen Versprechen ("weniger Steuern!") und den ewig gleichen Schreckgespenstern ("die Kommunisten!") ziehen will.

Eines aber hat sich gegenüber 1994 radikal geändert. Ausgerechnet im Jahr 2010, im Jahr der Finanzmarkterschütterungen und Euro-Turbulenzen kann Italien sich eine Regierungskrise samt vorgezogener Wahlen relativ unbekümmert leisten.

Heute nämlich spannt sich über Italien der Euro gleichsam als automatischer Rettungsschirm. Ein Einbruch der Lira droht schlicht deshalb nicht, weil es die Lira nicht mehr gibt - während 1995 die damalige Nationalwährung in den Keller sauste. Diesmal aber kann das Parlament gelassen erst den Haushalt 2011 verabschieden, um dann zur Verwaltung seiner politischen Instabilität überzugehen.

Dank Europa muss sich Italien keine allzu großen Sorgen machen. Umgekehrt gilt auch: Europa muss sich nicht groß um ein wirtschaftlich instabiles Italien sorgen - denn lagerübergreifend herrscht in Rom Konsens, dass die Haushaltsdaten im Griff gehalten werden müssen.

MICHAEL BRAUN ist taz-Korrespondent in Italien.

Anlass zur Unruhe geben damit vor allem die italienischen Politiker selbst. Im schlimmsten Falle nämlich droht dem Land der Wahlsieg einer diesmal pur populistischen Koalition, aus der mit Fini auch der letzte Mahner und Bremser verschwunden wäre - eine Koalition, die im Windschatten des Euro dann den Sieg des Berlusconismus komplettieren könnte.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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