Regierungsbruch in Italien: Ausgerechnet Fini

Gianfranco Fini war früher Faschist und engster Bündnispartner Silvio Berlusconis. Jetzt besiegelt er möglicherweise den Sturz des italienischen Regierungschefs.

Am 4. November noch im Gespräch: Silvio Berlusconi (rechts) und Gianfranco Fini. Jetzt dürfte der Ofen aus sein. Bild: reuters

"Compagno Fini" - der "Genosse Fini" ist zur festen Redewendung unter italienischen Linken geworden. Zumeist setzen sie ein ironisches Lächeln auf, wenn sie den Spruch sagen, um sogleich ernst anzufügen, Gianfranco Fini sei nun mal die einzige realistische Hoffnung, um Berlusconi loszuwerden. Ausgerechnet Fini, der frühere Faschist.

In der Tat brachte Fini in den letzten knapp 20 Jahren gleich mehrere Häutungen hinter sich. Häutungen, an deren Ende ein radikal anderer steht als der überzeugte Mussolini-Anhänger, der schon als Teenager Ende der Sechzigerjahre zum faschistischen MSI gefunden hatte.

Dabei deutete 1987, als der heute 58-Jährige Parteichef wurde, nichts auf eine solche atemberaubende Entwicklung. Die faschistische Partei klebte an der Fünfprozentmarke fest, war tief gespalten und bar jeder Erfolgsperspektive. Doch als ab 1992 im Zuge der Korruptionsermittlungen das alte Parteiensystem in sich zusammenbrach, erblickte Fini seine Chance. 1993 kandidierte er als rechter Saubermann für das Bürgermeisteramt von Rom - und gewann sensationelle 40 Prozent.

Einer seiner damaligen Unterstützer: der Medienunternehmer Silvio Berlusconi. Schon im folgenden Jahr treten beide gemeinsam bei den Parlamentswahlen an, Fini wendete dafür seinen MSI zur demokratisch geläuterten, postfaschistischen "Alleanza Nazionale" (AN) - und fand sich plötzlich als Chef einer Regierungspartei und als Juniorpartner in der politischen Allianz mit Berlusconi, die von 1994 bis zum Bruch im letzten Sommer hielt.

Die demokratische Wende nahm ihm 1994 allerdings kaum jemand ab; schließlich feierte er in Interviews weiterhin Mussolini als "größten Staatsmann des Jahrhunderts". Im Jahr 2003 geißelte Fini die vom Mussolini-Faschismus mitgetragene Judenverfolgung als "das absolute Böse" und lobte gar die antifaschistischen Partisanen.

Doch bei Ethik und Moral blieb Fini weiterhin stockkonservativ. Dann aber kam die nächste Häutung. So sprach er sich immer offener für eingetragene Lebensgemeinschaften aus oder machte sich fürs Ausländerwahlrecht stark. Damit stand er bald links von Berlusconi, links auch von vielen seiner alten Weggefährten, mit denen zusammen er noch im Jahr 2008/09 die Fusion seiner AN mit Berlusconis Forza Italia im neuen PdL (Volk der Freiheit) durchgezogen hatte.

Von Berlusconi ließ Fini sich nach dem gemeinsamen Wahlsieg 2008 mit dem Amt des Präsidenten des Abgeordnetenhauses belohnen - und ging fast umgehend auf Konfrontationskurs zu dem Populisten an der Regierung. Finis offen ausgesprochener Traum: eine Rechte "des 21. Jahrhunderts", eine Rechte irgendwo zwischen Angela Merkel und David Cameron, kurz: eine Rechte, "die über Berlusconi hinaus ist".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.