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Kommentar von Stefan Alberti zur CDU-Kritik bei VideoüberwachungDer Innensenator ist kein Hampelmann

Stefan Alberti

ist Redakteur für Berliner Landespolitik

Ein Hampelmann von Linken und Grünen ist er also, der Innensenator Andreas Geisel von der SPD. Das meint jedenfalls die CDU, nachdem die rot-rot-grüne Landesregierung Geisels Empfehlung folgte, das Volksbegehren Videoüberwachung für verfassungswidrig zu erklären und die Entscheidung darüber ans Verfassungsgericht weiterzuschieben.

Das ist aus zwei Gründen unangebracht und populistisch herabwürdigend: Zum einen nennt Geisel triftige Gründe, warum das Volksbegehren aus seiner Sicht nicht durch­gehen konnte – vor allem für zu unpräzise formuliert hält er es. Da hilft es auch nicht, wenn die CDU dem Senat „Angst vor dem Volk“ vorhält. Es geht nicht um Mut oder sonstige Gefühle von Regierungsmitgliedern, sondern um Recht und Gesetz. Und wenn Juristen eines Landesministeriums sechs Monate lang prüfen und zu dem Fazit „nicht verfassungsgemäß“ kommen, dann darf ein Senat das gar nicht ignorieren. Letztlich das Verfassungsgericht entscheiden zu lassen ist also der richtige Weg.

Zum anderen ist gerade Geisel, der angebliche Hampelmann von Grünen und Linken, derjenige im Senat, der neben Regierungschef Müller die größten Sympathien für Videoüberwachung hat. Er will sie nicht im Umfang des Volksbegehrens, ist aber eben auch nicht grundsätzlich dagegen. Geisel hat bloß schon Schwierigkeiten, diesen Ansatz in seiner eigenen Partei durchzusetzen. Eigentlich war bereits bei einem vergangenen SPD-Landesparteitag vorgesehen, sich mit Sicherheitsfragen zu beschäftigen. Das aber wurde verschoben – mutmaßlich, weil keine ausreichende Unterstützung absehbar war.

Doch auch für den kommenden Parteitag am 17. November ist offen, ob Geisel eine Mehrheit hinter sich bekommt – wobei das noch der leichtere Teil ist. Denn in der Koalition haben sich Linke und Grüne bereits gegen mehr Video ausgesprochen. Das kann Geisel letztlich zu einem Verlierer in Sicherheitsfragen machen – aber zu einem Hampelmann nicht.

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