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Schifffahrt will klimaneutral werdenSo nötig wie ambitioniert

Hermannus Pfeiffer
Kommentar von Hermannus Pfeiffer

Die internationale Schifffahrtbranche will als erste global agierende Branche klimaneutral werden. Klingt gut, doch der Teufel steckt im Detail.

Als weltweit erste Industriebranche bekennt sich die Schifffahrt zum konkreten Klimaschutz und dem Pariser Abkommen Foto: Kerstin Bittner/imago

G lobalisierung ist Schifffahrt. Es ist schon deshalb mehr als ein erfreuliches Signal, wenn die globalisierteste aller globalisierten Industriebranchen als erste einen Kurs der klimapolitischen Vernunft einschlägt. Zwar sind nicht alle Schiffe auf den sieben Weltmeeren Tanker. Doch wenn die gesamte maritime Branche beschließen soll, wie sie ihren CO₂-Ausstoß auf null reduziert, bedarf es größter Anstrengungen, um den Koloss auf einen neuen, umweltverträglicheren Kurs zu trimmen. Genau das versucht der dafür zuständige Umweltausschuss der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO derzeit in London. Den vereinten Nationen der Schifffahrt gehören 176 Mitgliedstaaten an – darunter die USA, China und Deutschland.

Das große Ziel war bekannt: Bis spätestens 2050 will die maritime Wirtschaft klimaneutral sein. Weltweit. Doch angesichts einer Jahr für Jahr größer werdenden Flotte und der langen Lebensdauer der Frachtschiffe von drei Jahrzehnten stößt eine klimapolitische Kehrtwende auf allerlei Untiefen. Zu berücksichtigen sind zudem die geringen finanziellen Möglichkeiten des Globalen Südens. In London sollen nun konkrete Maßnahmen beschlossen werden. Die Verhandlungsergebnisse lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Aber Umweltverbände wie der international agierende Naturschutzbund Nabu waren optimistisch.

Im Kern geht es darum, welcher Preis zukünftig für CO₂-Emissionen zu entrichten ist. Hier standen mehrere Modelle zur Auswahl. Es geht auch darum, welcher Treibstoff zu nutzen ist. Schiffsabgase wie Schwefel, Stickoxide, Ruß belasten die Luft auf See und in Küstenregionen. Auch an Nord- und Ostsee. Weltweit ist die deutsche Flotte zudem mit mehr als 1.700 Schiffen die Nummer drei bei Containerschiffen, den Packeseln der Globalisierung. Schadstoffe entstehen an Bord durch die Kraftstoffverbrennung. In der Nord- und Ostsee gelten jedoch andere Regeln für Emissionen wie an der US-Küste oder in asiatischen Fahrtgebieten.

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Bislang sind die Weltmeere also ein (überwiegend schmutziger) Flickenteppich mit unterschiedlichsten Regelungen. Das soll sich grundlegend ändern. Als weltweit erste Industriebranche bekennt sich die Schifffahrt zum konkreten Klimaschutz und dem Pariser Abkommen. Die Kehrtwende ist dringend nötig. International werden 90 Prozent aller Waren per Schiff transportiert. Pro Tonne und Kilometer gerechnet schneidet die maritime Wirtschaft im Vergleich zu Lkw, Bahn und Flugzeug recht gut ab. Aber sie ist in Summe für 3 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich.

Aber auch für die IMO gilt: Gute verbindliche Beschlüsse sind (noch) keine gute Praxis. Und der Teufel steckt auch an Bord im Detail. So plädiert Greenpeace für grünes Methanol als Treibstoff. Studien zeigen, dass es anders als etwa Wasserstoff leicht zu handhaben und technisch reif für den Einsatz ist. Schiffsantriebe können sogar mit vergleichsweise geringem Aufwand umgerüstet werden. Aber an Schiffstankstellen fehlt das grüne Methanol.

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Hermannus Pfeiffer
Autor
Soziologe und promovierter Wirtschaftswissenschaftler. Spezialgebiete: Banken/Versicherungen/Finanzmärkte und maritime Industrie. Arbeitet seit 1995 als freier Wirtschaftspublizist in Hamburg. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, zuletzt „Gewinn ist nicht genug! 21 Mythen über die Wirtschaft, die uns teuer zu stehen kommen“, Rowohlt Verlag, Reinbek 2021.
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3 Kommentare

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  • Oder Segeln nutzen, mit modernen wissenschaftlichen Methoden.



    Weniger Alkohol versaufen, mehr nutzen.



    Doch machen wir uns nichts vor: Stahl für die Schiffe heißt gegenwärtig CO2, Antrieb heißt CO2, und angebliche "Bio fuels" sind Stand heute pure Augenwischerei.

  • Und Last but Not least: was ist denn nun mit dem klimarettenden Drachenantrieb aus Hamburg, jahrelang als 'SKYSAILS' und die Lösung für die Schifffahrt in den Medien.....zufällig Zeitgleich, als das ursprünglich für die Handelsschifffahrt gedachten DYNARIG, seit 2006 alle Erwartungen sprengend (!), Realität wurde?

    Sehr geehrter Herr Pfeiffer, wer steckte doch gleich noch einmal hinter:

    A) Skysails? Und



    B) dem Siegeszug der vermeintlichen Brückentechnologie LNG (für imaginäre 'E-Fuels' ?

    Wann wurde in der Öffentlichkeit das letzte Mal ein TEMPOLIMIT für Handelsschiffen diskutiert?

    Und kriegt überhaupt irgendjemand Fachfremdes mit, dass bei dem eingeschlagenen & propagierten Pfad kein Weg an Nuklearstrom (für Elektrolyse von Wasserstoff=Methanol/Ammoniak...) & Nuklearantrieb vorbeiführt?

    Ist ja un der EU dank von der Leyens auch schon als 'grün' bzw. klimaneutral klassifiziert....

    Wird alles von den Protagonisten der Branche alles OFFEN kommuniziert...genau wie CarbonCapture&Storage CCS..

    Die IMO ist auf Grund ihrer Struktur nur eine weitere Verzögerungstaktik der Branche...

    Bringen Sie doch mal wieder einen Artikel/Kommentar über Skysails', Herr Pfeiffer?

  • "Aber an Schiffstankstellen fehlt das grüne Methanol" ???

    Ist das laut 'Experten' von Greenpeace & Nabu (und Herrn Pfeiffer) das einzige Problem?

    Seit 20 Jahren wird in Niedersachsen (Olaf Lies!) hochsubventioniert geforscht....diese F&E kann nur als Lobbyingveranstaltung für LNG als vermeintliche Brückentechnologie für alternative Treibstoffe bezeichnet werden!



    Entgegen dem Stand der Wissenschaft (LNG Motor= unvollständige Verbrennung=Methanschlupf=Klimakatastrophe).



    Lobbying, nicht verwunderlich,betreibt der langjährige VDR-Präsident & Cheflobbyist Alfred Hartmann EU-F&E über seine Mariko Leer GmbH ('Kompetenzzentrum Green Shipping', 'Green Shipping Niedersachsen') als eine Art 'closed-shop'.

    Schifffahrt wäre sehr einfach zu dekarbonisieren., der Verbrauch steigt in der 3. Potenz zur Geschwindigkeit, anders als Flugzeuge stürzen Schiffe dann auch nicht ab.

    Segelantriebe sind seit 20 Jahren vollautomatisiert verfügbar

    m.youtube.com/watc...UHRHluYXJpZw%3D%3D

    Möglichkeiten eines Wetter-Routings sind beeindruckend!

    Wen hat Greenpeace mit derer Methanol-Studie beauftragt?

    Und warum forscht DeutscheLuft&Raumfahrt 2025 an maritimen Energiesystemen???