Kommentar von Anja Krüger zu den geplanten Steuerentlastungen für Unternehmen: Der „Innovationsbooster“ reißt nur Löcher in die Haushalte und bringt kaum Impulse für die Wirtschaft
Die Ministerpräsident:innen der Länder drängen zu Recht auf einen Ausgleich für die Löcher in ihren Haushalten, die die Bundesregierung mit ihren geplanten Steuererleichterungen für Unternehmen reißt. Der „Innovationsbooster“, mit dem die Bundesregierung die Wirtschaft ankurbeln will, kostet 48 Milliarden Euro. Ohne Ausgleich müssten die Kommunen 13,5 Milliarden und die Länder 16,6 Milliarden davon tragen. Bund und Länder verhandeln zurzeit, wie dieser Ausgleich aussehen könnte. Eine Einigung scheint wahrscheinlich, denn die Länderchef:innen betonen immer wieder, dass sie die Entlastungen für Unternehmen grundsätzlich unterstützen.
Doch das ist ein schwerer Fehler – und besonders enttäuschend bei Ländern mit grüner oder linker Regierungsbeteiligung. Die Länder sollten sich entschlossen gegen die Steuergeschenke an Unternehmen stellen. Denn die Einnahmen werden wo auch immer enorme Löcher reißen, ohne viel Wachstum zu bringen.
Die deutsche Wirtschaft ist zwei Jahre nacheinander geschrumpft, auch die Aussichten für 2025 sind durchwachsen. Die Lage im Nahen Osten, die damit verbundene Gefahr drastisch steigender Ölpreise und der nach wie vor schwelende Zollkonflikt mit US-Präsident Donald Trump lassen kaum auf Besserung hoffen. In dieser Lage ist es richtig, dass die Bundesregierung etwas unternimmt – aber leider macht sie das Falsche. Schwarz-Rot hängt dem Irrglauben an, dass pauschale Steuererleichterungen für Unternehmen automatisch für Wachstum und Investitionen sorgen. Zahlreiche Ökonom:innen warnen vor dieser Annahme.
Andere Dinge sind entscheidender dafür, dass Firmen investieren: die Verfügbarkeit bestens ausgebildeter Leute, eine gute Infrastruktur vor Ort, serviceorientierte Behörden oder ein wirklich funktionierendes Internet zum Beispiel. Das klingt banal, ist aber in Deutschland keineswegs selbstverständlich. Wer die Konjunktur ankurbeln will, muss Kommunen und Ländern mehr Geld geben, damit sie etwa für eine bessere Kinder- und Betagtenbetreuung sorgen. So könnten mehr Erziehende und Pflegende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Eine stärkere Nachfrage im Inland würde die Konjunktur ankurbeln und könnte durch ein sofort kommendes Tariftreuegesetz erreicht werden. Zudem könnten gezielte sozialökologische Programme krisengeplagte Branchen wie die Stahlindustrie zukunftsfähig machen und Arbeitsplätze sichern.
Stattdessen wollen Bund und Länder lieber wahllos Unternehmen mit hohen Gewinnen entlasten. So sollen Firmen Investitionen etwa stärker abschreiben können. Das heißt, Anschaffungskosten werden teilweise mit dem Gewinn verrechnet, sodass weniger Steuern gezahlt werden. Wer ohnehin investieren will, freut sich über die Gabe. Wer es nicht vorhat, wird es nicht deshalb tun, weil er ein Steuergeschenk bekommt. Und wer keine nennenswerten Gewinne macht, profitiert nicht von der Abschreibung. Kluge Wirtschaftspolitik sieht anders aus.
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