Kommentar über die BER-Apokalypse: Immer dieses Geraune
Geleakte Tüv-Berichte, Dübel als Sargnägel und Schampus: Mehr als die Milliardenverschwendung am Großflughafen nervt nur der Unkenchor der BER-Skeptiker.
Der BER nervt. Das Monsterding vor den Toren der Stadt verputzt die Milliarden wie unsereiner Salzstangen zum Bier und macht sich im schlechtestmöglichen Sinne den alten Spruch über Berlin zu eigen, „immerfort zu werden und niemals zu sein“.
Nur eins nervt mittlerweile mehr: der ständig anschwellende Unkenchor der BER-Skeptiker. Da wird jedes Hüsteln eines TÜVlers lauthals bequakt, jeder Dübel, der möglicherweise den strengen Prüfkriterien nicht standhält, zum „Sargnagel“ gemacht. Am wildesten gebärdet sich der Tagesspiegel, der gegen BER-Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup – einen im Vergleich zu früheren Gestalten auf diesem Posten geradezu erschütternd zielorientierten Mann – eine veritable Kampagne fährt.
Jetzt war es mal wieder der interne TÜV-Prüfbericht, der das mutmaßliche Scheitern der Flughafeneröffnung im Oktober 2020 nahelege. Liest man die Artikel genauer, steht da dann allerdings nur, dass die schon sprichwörtlichen Dübel „zum K.-o.-Risiko werden könnten“, dass es „wieder eng“ werde und so weiter, alles in allem mehr Geraune als belastbare Indizien für den großen Knall.
Die Sache ist natürlich: Es kann genau so kommen. Wir haben es schließlich mit dem BER zu tun. Dann wird es heißen „Haben wir immer schon gesagt“, und die Oberermittler von FDP und CDU werden mit Grabesmiene vor die Kameras treten und später im Büro eine Flasche Schampus köpfen. Denn alle haben ja auch etwas vom – vermeintlichen und tatsächlichen – Scheitern: Distinktion, Klicks, Wählerstimmen, whatever.
Die letzte Show hat das Bundesverkehrsministerium mit seinem „ultimativen“ Brief abgezogen, der Lütke Daldrup auffordert, zu sagen, ob er den 10/20-Start „sicherstellen“ kann. Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass so etwas in der mittlerweile von der Flughafengesellschaft verschickten Antwort nicht steht – weil es keine vollkommene Sicherheit gibt. Fest steht nur eines: Der BER nervt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos