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Als Abgeordneter hätte ich auch mit Nein gestimmt. Mag sein, dass sich die Kandidatin an die Spielregeln gehalten hätte. Aber die Vorstellung, dass Sie genüsslich und unter Bravo-Rufen der AfD Fraktion dem politischen Gegner das Mikro abstellt, lässt eigentlich nur Nein zu. Denn das wäre aus meiner Sicht wahrscheinlich. Wenn man die AfD einmal eine solche Machtposition ermöglicht, dann wird es schwer sein, sie wieder heraus zu bringen.
Genau so zementiert man die Erzählung
"Wir gegen das Establishment"
Wie die Geschichte David gegen Goliath ausgeht, weiss man.
Gegen Narrative lässt sich fats unmöglich kämpfen.
Als stärkste Oppositionspartei repräsentiert die AfD einen Teil der demokratischen Öffentlichkeit - was man zu PDS-Zeiten von deren Repräsentanten nicht behaupten konnte. Die Parteien am Rand des pol. Spektrums haben sehr wohl eine Daseinsberechtigung. Es kann nicht sein, daß sich andere Parteien nicht an die selbstauferlegten Spielregeln handeln, allein um ihren exklusiven Zugriff auf staatliche Ressourcen, Prestige und Pfründe zu verteidigen.
@Andreas Bitz Ja - das sehe ich ebenso. Es ist unterhaltsam mit anzusehen, dass den Protestparteien von früher die Protestparteien von heute nicht gefallen. Und die sogenannten „ Etablierten“ sollten sich fragen, woher der Sinneswandel bei vielen WählerInnen wohl kommt. Natürlich ist es einfach, dass als temporäres Dagegensein abzutun. Und dann selber so zu handeln.
@Andreas Bitz Die PDS war ebenso an der Wahlurne legitimiert wie es die AfD heute ist. Daß anfangs sehr viel Personal 1:1 aus der SED übernommen war, ist halt nur eine Facette. Gut, diese Personen hatten (manche mehr, viele weniger) unmittelbar eine Diktatur zu verantworten, wohingegen man derartige Wünsche an vielen AfDern nur ablesen kann - das aber ausreichend deutlich.
@Andreas Bitz Die AfD hat sich in den letzten Jahren zunehmend rechtsradikalisiert und wird jetzt faktisch vom völkisch illiberalen Flügel dominiert. AfD Bundestagsabgeordnete beschäftigen Identitäre (=Neo-Neonazis). Björn Höcke vertritt die selben Umvolkungsthesen wie der Attentäter von Christchurch. Eine AfD an der Macht würde, analog zu Ungarn oder der Türkei, das Ende der pluralistischen, rechtstaatlichen Demokratie bedeuten. Bis die AfD verboten wird darf man ihr keinen Fußbreit nachgeben.
Die militärische Lage ist bitterernst für die Ukraine. Das geschundene Land braucht weiter Hilfe aus dem Westen – wie einst versprochen.
Kommentar abgelehnte AfD-Kandidatin: Na, wenigstens das
Der Bundestag lässt Mariana Harder-Kühnel erneut durchfallen. Das ist ein zulässiger Verstoß gegen Regeln – zum Schutz vor denen, die sie abschaffen wollen.
Nicht gewählte Mariana Harder-Kühnel: Soll sich die AfD doch als Opfer aufspielen Foto: Christoph Soeder/dpa
Die Zahl ist stark. Entschieden. 423 Abgeordnete haben mit Nein gestimmt. Es lässt sich plausibel argumentieren, dass eine Mehrheit der Mitglieder des Bundestages damit demokratische Regeln verletzt, an die sie sich generell halten sollten, und zwar egal, um wen es geht. Wenn es denn egal wäre.
Immer wieder erschien es Abgeordneten etablierterer Parteien kommod, auf Formwahrung zu verzichten, um Newcomer*innen zu brüskieren. Grüne Urgesteine können ein Lied davon singen. Erinnert sei auch an die schamlose Missachtung des ersten Alterspräsidenten auf PDS-Ticket, Stefan Heym oder die wiederholte Nichtwahl Lothar Biskys (PDS) in das Amt des Bundestagsvizepräsidenten.
Zu Recht wurden diese Arroganz und der opportunistische Umgang mit demokratischen Gepflogenheiten gegenüber den „störenden“ Parteien kritisiert.
Denn diese Parteien repräsentierten immer einen Teil der demokratischen Öffentlichkeit. Ein Statement, das in Bezug auf Harder-Kühnels politische Heimat zumindest bezweifelt werden darf. Diesen Zweifel sichtbar zu machen, das ist das Recht und die Leistung von 423 Abgeordneten. Das muss man nicht überbewerten, aber es ist mehr als nichts.
Eine Wahl wäre eine Ohrfeige gewesen
Eine Wahl, ob nun durch zähneknirschende Zustimmung oder lauwarme Enthaltung, hätte hingegen ein ganz anderes Signal ausgesandt. Für die einen mag aus so einer Entscheidung Gelassenheit und Vertrauen in die zivilisierende Kraft des demokratischen Prozesses sprechen.
Für andere hätte sie bedeutet, dass die freiwillige und per Parteibuch offen zur Schau gestellte Assoziation mit Menschenverachtung, rechtsradikaler Vernetzung, Feindschaft gegenüber zivilgesellschaftlichen Institutionen, Rassismus, Sexismus und Misogynie – in Kombination – kein Hinderungsgrund wäre, in eines der höchsten Staatsämter der Bundesrepublik Deutschland zu gelangen.
Als wenn dort nicht schon genug Zynismus residieren würde. Die Ziele rechten Terrors, die Bedrohten und Beschimpften könnten sich bedanken für so eine Ohrfeige. Es wäre nicht die erste.
Jetzt dürfen sie also nicht mitmachen Sollen sie sich doch als Opfer aufspielen. Das ist allemal weniger schädlich als der immer ausgedehntere Zugriff auf staatliche Ressourcen und Prestige. Am Ende ist die Wahl doch recht einfach: Wer die demokratischen Spielregeln außer Kraft setzen will, soll sich auch nicht auf sie berufen können.
„Rabatz“ werden sie sowieso machen, das ist ihr einziger Daseinszweck. Aber bis auf weiteres wenigstens nicht vom Präsidium des Deutschen Bundestages aus. Das allein wird die Welt gewiss nicht retten, aber wie gesagt: Es ist besser als nichts.
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Kommentar von
Daniél Kretschmar
Autor
Jahrgang 1976, Redakteur für die tageszeitung 2006-2020, unter anderem im Berlinteil, dem Onlineressort und bei taz zwei. Public key: https://pgp.mit.edu/pks/lookup?op=vindex&search=0xC1FF0214F07A5DF4
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