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Kommentar Xi Jinpings AmtszeitChinas neuer Personenkult

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten wird abgeschafft. Damit installiert sich Xi Jinping als Herrscher nach Maos Vorbild.

Der starke Mann Foto: reuters

D as Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas will die von der Verfassung vorgegebene Amtszeitbegrenzung für Präsident und Vizepräsident abschaffen. Das würde Präsident Xi Jinping erlauben, über 2023 hinaus mächtigster Mann des Landes zu bleiben.

Eigentlich kommt die Ankündigung nicht überraschend. Schon beim letzten Parteikongress im Oktober hatten die Delegierten einstimmig dafür gestimmt, die „Gedanken“ des Staats- und Parteichefs Xi Jinping als neue Leitlinie in der Parteiverfassung zu verankern – eine Ehre, die seinen Vorgängern erst nach ihrer Amtszeit zuteil kam.

Und dass auf dem Parteikongress kein Nachfolger präsentiert wurde, ließ ebenfall erahnen, dass Xi gar nicht plant, nach seiner zweiten Amtszeit in fünf Jahren abzutreten. Bisher war nach der ersten Amtszeit stets jemand Potenzielles in Position gebracht worden, um einen reibungslosen Machttransfer zu ermöglichen.

Nun ist es offiziell: Chinas herrschende Kommunistische Partei will das bisherige Prinzip der „kollektiven Führung“ aufheben und dem amtierenden Staats- und Parteichef weitere Amtszeiten ermöglichen. Seit dem Ableben von Staatsgründer Mao Zedong hatte in der Volksrepublik kein Führer eine vergleichbar starke Stellung wie nun Xi.

Xi Jinping

Der 64-jährige Xi begann seinen Aufstieg ins Zentrum der Macht als Parteichef der Wirtschaftsmetropole Shanghai. 2012, fünf Jahre nach dem Eintritt ins Politbüro, wurde er Partei-, ein Jahr später erstmals zudem Staatschef.

Xi ist Oberkommandierender der Streitkräfte und Chef von mehr als einem halben Dutzend Sonderkommissionen, die sich mit Themen der nationalen Sicherheit bis zur Außenpolitik befassen. Er hat sich zudem zu theoretischen Fragen des KP-Programms und der Parteiverfassung geäußert. (ap)

Für China ist das eine verheerende Entwicklung. Zwar haben die Bürger auch jetzt schon nicht viel zu sagen, Kritiker werden weggesperrt. Doch zumindest führungsintern haben sich die Spitzenkader auf die Finger geschaut und sich auch mal gegenseitig korrigiert. Xi konnte nicht komplett nach seinem Gutdünken herrschen. Einen ersten Vorgeschmack, was demnächst auf die China zukommt, gibt es bereits: Unter Xi wird ein Personenkult zelebriert, wie es ihn zuletzt zu Zeiten der Kulturrevolution unter Mao gab.

Doch auch der Rest der Welt muss sich warm anziehen. Denn sie wird es künftig mit einem chinesischen Staatschef zu tun haben, der angesichts seiner Machtfülle vor Selbstbewusstsein nur so strotzen wird. Verhandlungen dürften mit der Volksrepublik künftig sehr viel schwerer werden.

Fast drei Jahrzehnte lang erlebte die Welt ein China, das sich offen und lernbegierig zeigte. Ein Despot ist das nur selten.

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Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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10 Kommentare

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  • Hoffen wir, dass Xi im Wettbewerb mit Mao in Sachen Brutalität und Menschenverachtung nicht gewinnen wird. Der Verfasser einer nach ihm benannten Bibel scheint aber doch zum Teil sein Vorbild zu sein. Und er hat viel mehr weltpolitische Macht und Geltung.

  • Macht ist eine Droge, von der der Süchtige, der sie zu lange genossen hat, schließlich nicht mehr lassen kann. Das war bekannt, lange bevor der Kommunismus erfunden war; aber offenbar sind Kommunisten besonders anfällig dafür Ein Machtwechsel ist dann nur noch durch die „biologische Lösung“ (=Tod) oder durch Umsturz möglich. Das Volk hat dabei nichts zu sagen. Ehemalige DDR-Bürger erinnern sich noch an den „Übergang“ von Ulbricht zu Honecker.

     

    Die große Gefahr ist, dass der Machthaber, wenn es nicht gelingt, ihn rechtzeitig zu entmachten, das ganze Land in den eigenen, altersbedingten Abbau einbezieht, wie dies in Honeckers Endphase überdeutlich wurde

     

    Eine besonders originelle Lösung wurde übrigens ausgerechnet in Nordkorea gefunden: Nämlich eine Art „kommunistische Erbmonarchie“, bei der die Macht auf Dauer in „Familienbesitz“ bleibt!

  • Info.-Empfehlung:

     

    Chinas Bourgeoissozialisten, Antikommunisten und Sophisten feiern 170. Jahrestag des Kommunistischen Manifests:

     

    „Vom Kommunistischen Manifest zum Leninismus, von den Mao-Zedong-Gedanken, den Deng-Xiaoping-Theorien, der Theorie der drei Repräsentanten und der wissenschaftlichen Entwicklungsanschauung bis hin zu Xi Jinpings Gedanken über den Sozialismus chinesischer Prägung im Neuen Zeitalter können wir eine kohärente Entwicklungsbahn sehen“, sagte Han Zhenfeng, Dekan der School of Marxism an der Beijinger Jiaotong-Universität. Obwohl China seinen eigenen Weg der Revolution und der sozialistischen Entwicklung gegangen sei, sei der Marxismus immer der Wegweiser gewesen, sagte Chen Xianda, Professor an der Renmin-Universität in China.

     

    Beijing: Chinas Milliardäre führen den weltweiten Vormarsch der Reichen an.

     

    Alle zwei Tage gibt es in Asien einen neuen Milliardär, und die Hitliste der Milliardäre wird von China angeführt. Milliardäre bilden die Speerspitze beim Aufstieg Asiens als wirtschaftlicher Wachstumstreiber. Insbesondere China hatte ein außergewöhnliches Jahr - hier gab es 67 neue Milliardäre, womit es in dem Land mittlerweile 318 Milliardäre gibt. Diese entstanden hauptsächlich durch Konglomerate und in den Bereichen Immobilien und Industrie.

    Vgl. CIIC, Beijing.

     

    Der konservative oder Bourgeoissozialismus:

     

    »Ein Teil der Bourgeoisie wünscht den sozialen Mißständen abzuhelfen, um den Bestand der bürgerlichen Gesellschaft zu sichern.

     

    Es gehören hierher: Ökonomisten, Philantrophen, Humanitäre, Verbesserer der Lage der arbeitenden Klassen, Wohltätigkeitsorganisierer, Abschaffer der Tierquälerei, Mäßigkeitsvereinsstifter, Winkelreformer der buntscheckigsten Art. Und auch zu ganzen Systemen ist dieser Bourgeoissozialismus ausgearbeitet worden. {...}

     

    Der Sozialismus der Bourgeoisie besteht eben in der Behauptung, daß die Bourgeois Bourgeois sind – im Interesse der arbeitenden Klasse.«

     

    Vgl. Marx u. Engels: Manifest der Kommunistischen Partei.

  • Autokratie? Ist das in einer kommunistischen Diktatur nicht egal?

    • @agerwiese:

      Tatsächlich bezeichnet "Autokratie" auch die unbeschränkte Herrschaft einer Gruppe, z.B. einer Partei. Insofern findet da jetzt nicht gerade eine substanzielle Veränderung statt.

  • Diktatur

    • @danny schneider:

      Schon Helmut Schmidt bezeichnete Demokratie und Menschenrechte als Instrument westlicher Herrschaft (und zumindest damit hatte er wohl auch nicht ganz Unrecht)

       

      Man kann nicht auf der ganzen Welt nach unseren Maßstäben messen, habe ich lernen müssen.

       

      Wird China so losgelassen, wie einst die UDSSR,- kann sich die Welt warm anziehen.

       

      Insofern tut es uns wohl ganz gut, da weniger zu urteilen und erst Recht nicht einzumischen

      • @Thomas Elias:

        Na ja das Volk wird in der Volksrepublik bei einer solch wichtigen Entscheidung nicht gefragt... aber selbst dieses Minimum eines Maßstabes erfüllt die Altherrenriege der KP nicht:

         

        "Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein „sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes“, der seit 1949 von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) regiert wird. 2014 ist eine Gesetzesreform in Kraft getreten, welche einerseits unverändert die absolute Führung der Partei betont, anderseits die Rechtsstaatlichkeit, insbesondere den Stellenwert der Verfassung, die Unabhängigkeit der Justiz sowie die Transparenz und stärkere Einbeziehung der Bürger in den Gesetzgebungsprozess, stärken soll."

         

        Doch jetzt wird die Maske fallen gelassen. Ganz offen versucht man nicht einmal mehr den Anschein einer Legitimation zu wahren. Ist ja auch lästig!

      • @Thomas Elias:

        Gesagt hat er, dass Demokratie und Menschenrechte ein Produkt der westlichen Kultur sind. Wobei ich selbst das nicht ganz unterschreiben würde - immerhin liegen die politischen Wurzeln des alten Griechenland (speziell das Konzept der Polis) in Kleinasien.

        Und Menschenrechte sind ja offensichtlich eine erweiterte Fassung von "Was du nicht willst, das man dir tu, das füge keinem andern zu". Ist mir nicht klar, wieso das "westlich" sein soll.

      • 8G
        82741 (Profil gelöscht)
        @Thomas Elias:

        Wenn ich Ihre beiden ersten Paragraphen richtig verstehe, sind Demokratie und Menscherechte also doch teilbar.

         

        Wo haben Sie denn das gelernt?