piwik no script img

Kommentar Wahlen im WestjordanlandVerständliche Müdigkeit

Kommentar von Susanne Knaul

Der Ausgang der Wahlen im Westjordanland sind fatal. Das schlechte Abschneiden der Fatah wird den Versöhnungsprozess und Neuwahlen nicht vorantreiben.

S chon sechs Jahre ist es her, seit die Palästinenser zum letzten Mal an die Urnen gingen, und doch lockte es am Wochenende nur wenige zur Stimmabgabe. Viele Palästinenser sind müde und setzen kaum noch Hoffnung auf demokratische Prozesse.

Zum einen ist die Erinnerung an die Folgen der letzten Wahl noch wach: Sie führten unter anderem zum internationalen Boykott des Siegers Hamas und schließlich zu den blutigen Auseinandersetzungen im Gazastreifen.

Zum anderen ist für die Bevölkerung kaum etwas so wichtig wie der Konflikt zwischen Fatah und Hamas, zwischen Westjordanland und Gazastreifen. Die geringe Wahlbeteiligung zeigt die Frustration über die beiden Führungen, die an der nationalen Versöhnung scheiterten. Bei Wahlen, die nur im Westjordanland stattfinden und die die Kluft zum Gazastreifen nur noch vertiefen würden, wollten daher viele nicht mitmachen.

privat
Susanne Knaul

ist Korrespondentin der taz in Israel.

Zudem sind die Kommunen in ihrem Handlungsraum beschränkt. Es ging bei diesen Wahlen also nicht um die großen politischen Themen. Am stockenden Friedensprozess, an der Zahlungsschwäche der Autonomiebehörde und an den steigenden Lebenshaltungskosten kann kein Bürgermeister etwas ändern. Und bei der Wasserversorgung und der Wartung der Straßen ist das Parteibuch egal.

Bei den Parlamentswahlen vor sechs Jahren gaben die Wähler ihrer Unzufriedenheit über die Fatah mit der Stimmabgabe für die Hamas Ausdruck. Selbst das war bei den jetzigen Kommunalwahlen infolge des Boykotts der Hamas nicht möglich. Dass die Fatah, obschon sie ohne echten Gegenkandidaten ins Rennen ging, so schlecht dabei abschnitt, wird die Politiker in Ramallah nun kaum dazu ermutigen, den Versöhnungsprozess und dann allgemeine Neuwahlen voranzutreiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • H
    Harald

    Vielleicht wünschen sich die Menschen auch nichts anderes, als endlich in friedlicher Nachbarschaft mit Israel zu leben. Welch ein wirtschaftlicher Aufschwung könnte damit verbunden sein. Der israelische Lebensstandard wäre in einem Jahrzehnt zu schaffen.

     

    Die Herren Politfunktionäre in Fathastan und Hamastan haben daran kein Interesse. Ist man doch im gegenwärtigen Status bestens alimentiert, Kohle for nothing, dafür aber reichlich. Die USA und die EU sorgen schon für volle Taschen. Für Waffen und Ideologie sind die 'Brüder' zuständig.

     

    Vielleicht ist das Wahlergebnis auch ein Hinweis in diese Richtung. Die Menschen im Westjordanland und vor allem Gaza sehen doch den Protzluxus ihrer Oberschicht. Was hätten die kleinen Leute von der geforderten Vernichtung Israels?

     

    Und diejenigen Palästinenser, die einen Job in Israel haben, sollen nichts anderes wollen als ihre dortigen Kollegen und deren Familien umbringen?