Benjamin Netanjahu hat die Wahl gewonnen. Für die Palästinenser bedeutet das nichts Gutes. Immerhin wissen sie jetzt, woran sie sind.
So sehen mal wieder Sieger aus
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Der erneute Wahlsieg von Benjamin Netanjahu ist eine schlechte und eine gute Nachricht für all jene, die noch immer auf den Frieden hoffen zwischen Israel und den Palästinensern.
Die schlechte Nachricht ist: Es wird keine neuen Verhandlungen geben, denn es gibt für die Palästinenser nichts, worüber zu verhandeln wäre, jetzt, da Netanjahu der Gründung eines Staates Palästina eine Absage erteilte. Die gute Nachricht ist: Es wird keine weitere Zeit mehr vergeudet werden mit Verhandlungen, die ohnehin nichts bringen.
In Israels künftiger Regierung – vorausgesetzt sie bildet sich wie erwartet – gibt es kein Feigenblatt mehr, keine Zipi Livni, mit der sich der trügerische Schein, dass man im Grunde einen gerechten Frieden will, noch wahren ließe.
Sechs Jahre lang hielt Netanjahu offiziell an den zwei Staaten für zwei Völker fest, um parallel im besetzten Palästina mit forciertem Siedlungsbau genau die Politik umzusetzen, die bislang nur sein Partner Naftali Bennett laut auszusprechen wagte: die Annektion von 50 und mehr Prozent palästinensischen Landes. Dass Netanjahu endlich sagt, was er ohnehin tut, erleichtert den Umgang mit ihm.
Den Palästinensern bleibt keine Wahl, als unilateral vorzugehen. Dafür wurden sie bislang bestraft. Israel kappte die monatlichen Überweisungen der palästinensischen Zoll- und Steuereinnahmen, und auch die USA zürnten der Führung in Ramallah, wenn sie die Vertreter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) nach New York oder Den Haag schickte. Spätestens im Herbst dürfte es einen neuen Vorstoß im UN-Sicherheitsrat geben. Ob die USA dann erneut ein Veto einlegen gegen die Anerkennung Palästinas?
Wahl in Israel
Bild 1 von 17: Überraschungssieger Bibi: Premier Netanjahu und seine Likud-Partei haben die Parlamentswahl in Israel gewonnen. Und das, obwohl ihm die Umfragen der vergangenen Tage eine deftige Niederlage prognostiziert hatten. Doch mit seinen Law-and-Order-Sprüchen im Wahlkampf konnte Netanjahu vor allem seinen bisherigen Koalitionspartnern, den rechten und religiösen Kleinparteien, Stimmen abluchsen.
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Bild 2 von 17: Gut gegen Böse, Jerusalem gegen Teheran: Das war Bibis Story, mit der er im Finale die Israelis in ihrer Angst vor dem äußeren Feind packen konnte. Zuvor hatte er sich von den Republikanern in den US-Kongress einladen lassen, wo er gegen Obamas Versuch wetterte, ein Atomdeal mit dem Iran zu erzielen. Das Verhältnis zwischen Israel und den USA wird in Zukunft nicht besser werden.
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Bild 3 von 17: Und während einer weiteren Amtsperiode Netanjahus wird es wohl keine Verhandlungen mit den Palästinensern mehr geben. Bibi hat verlauten lassen, dass sich diese einen eigenen Staat abschminken könnten, solange er regiere. Dafür werden die hohen Kosten für Verteidigung und den Einsatz der Armee in den besetzten Gebieten weiter den Haushalt belasten.
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Bild 4 von 17: Sechs Millionen Stimmberechtigte waren dazu aufgerufen, über die Zusammensetzung der Knesset, des israelischen Parlaments, zu entscheiden. Die Wahllokale schlossen um 21 Uhr mitteleuropäischer Zeit. In Bnei Barak standen orthodoxe Juden im Wahllokal Schlange.
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Bild 5 von 17: Jüdische Siedlung Migdalim: Ein israelischer Soldat gab seine Stimme in einer mobilen Wahlkabine in den besetzten Gebieten ab.
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Bild 6 von 17: Und sie sind die Verlierer des Wahlgangs: der Chef der Arbeiterpartei, Jitzchak Herzog, und die Kandidatin der liberalen Likud-Abspaltung, Zipi Livni. Ihre Parteien hatten sich zum Zionistischen Lager zusammengeschlossen. Die israelischen Medien hatten eigentlich damit gerechnet, dass sie das Rennen machen würden. Jetzt liegen sie sechs Mandate hinter Netanjahus Likud-Partei.
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Bild 7 von 17: Netanjahu muss sich nun um die Bildung einer Koalition bemühen. Mit 30 eigenen Abgeordneten in der Knesset und den Parteien am rechten Rand als traditionelle Partner des Likud dürfte ihm das aber wesentlich leichter fallen als dem Zionistischen Lager, dase kaum die erforderliche Mehrheit von 61 Mandaten zusammenbringen wird.
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Bild 8 von 17: Mit ihnen wollen allerdings weder Netanjahu noch das Zionistische Lager koalieren: Mehrere arabische Parteien haben sich zur „Vereinten Linken“ zusammengeschlossen. Exkommunisten, Nationalisten und Islamisten wollen nun gemeinsam Politik für die Minderheit machen. Wie vorausgesagt, zog die „Vereinte Linke“ als drittstärkste Kraft in die Knesset ein.
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Bild 9 von 17: Mit ihm wird Bibi wieder reden müssen: Yair Lapid, Chef der Mitte-Rechts-Partei Yesh Atid. Schon im Wahlkampf 2013 war er der Shooting-Star. Zwar verlor er in der Gunst der Bürger als er dann in eine Koalition mit dem Likud eintrat. Doch dank seines Charismas und seiner Entertainer-Qualitäten erklampfte er sich 12 Sitze in der Knesset.
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Bild 10 von 17: Mit ihm wird Netanjahu auch sprechen müssen: sein ehemaliger Parteifreund und Minister Moshe Kachlon (M.). Während seiner Amtszeit hatte Kachlon für drastische Preisnachlässe bei den Handygebühren gesorgt. Diese populäre Maßnahme konnte er nun in ein gutes Wahlergebnis ummünzen. Mit seiner Kulanu-Partei errang er zehn Mandate. Er will sich um mehr soziale Gerechtigkeit kümmern – sagt er ...
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Bild 11 von 17: ... In Israel herrscht ein krasser Mangel an erschwinglichem Wohnraum. Was neugebaut wird, kann sich der Durchschnittsisraeli nicht leisten, die Miet- und Immobilienpreise bewegen sich insbesondere in Tel Aviv auf dem Niveau von London oder Paris.
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Bild 12 von 17: Die Betriebsamkeit in diesem Supermarkt kann nicht darüber hinwegtäuschen: Auch die Preise für Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs sind in Israel gesalzen.
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Bild 13 von 17: Die Armut im Land wächst kontinuierlich. An bettelnde Menschen im Straßenbild haben sich die Israelis inzwischen gewöhnt.
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Bild 14 von 17: 2011 war die soziale Schieflage Thema Nr. 1 in Israel. Die Zeltstadt auf dem Tel Aviver Rothschild Boulevard wurde damals zum Symbol des Protests gegen die politische Klasse. Geändert hat sich seitdem nicht viel. Deswegen standen im Wahlkampf wieder Zelte auf dem Boulevard.
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Bild 15 von 17: Am 7. März hatten Wohnungsmisere, hohe Lebenshaltungskosten, Armut und die Palästinenserpolitik von Netanjahu 40.000 Menschen in Tel Aviv auf die Straße gebracht. Lautstark skandierten sie für eine Linkswende. Doch die Mehrheit der Wähler wollte diese Wende am Ende dann doch nicht mitmachen.
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Bild 16 von 17: Erfolgreicher waren die Rufe aus dieser Menge: Das Schreckensszenario eines von Linken und Arabern dominierten Parlaments hatte wiederum am 14. März die Parteigänger des Likud mobilisiert. In Tel Aviv stellten sie sich hinter die harte Linie von Netanjahu.
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Bild 17 von 17: Vielleicht hat aber er Netanjahu die nötigen Stimmen rangeschafft: Kriegsfilmheld Chuck Norris griff mit einem Propagandavideo für den Premier in den israelischen Wahlkampf ein. Israel soll so bleiben, wie es ist, und deshalb muss Bibi an der Macht bleiben, tönt der rechtslastige Mime darin. Mission accomplished - Mr. Norris. (screenshot: youtube.com/Chuck Norris)
Der Ausgang der israelischen Wahl ist Wasser auf den Mühlen der PLO und ihren Bemühungen, den Konflikt auf internationaler Ebene voranzutreiben. Die Palästinenser und ihre Freunde im Ausland werden den Boykott intensivieren gegen Produkte aus Siedlungen und überhaupt gegen Israel.
Präsident Machmud Abbas kann sich als Staatsoberhaupt geben und doch keiner sein. Denn, was zu einem Staat gehört, wie zuallererst Souveränität über ein Land mit klar definierten Grenzen, bleibt Illusion. US-Außenminister John Kerry hat Recht, wenn er sagt, dass ein Frieden nur über ein Abkommen zwischen den Konfliktparteien möglich ist.
Die einzige Stimme, die derzeit von Lösungen spricht, gehört dem ultranationalen Avigdor Lieberman. Auch er lehnt zwar die Gründung Palästinas ab, dafür macht er sich jüngst verstärkt für ein Aufgreifen der Arabischen Initiative stark, eine Art multilaterales Gesamtfriedenspaket für den Nahen Osten.
Einen ersten Partner hätte er in Kairo mit Präsident Abdel Fattach as-Sisi, der jüngst die Hamas auf die Liste der Terrororganisationen setzte und die Muslimbrüder im eigenen Land zu hunderten zum Tode verurteilen lässt. Im Umgang mit den Islamisten sprechen Lieberman und Sisi dieselbe Sprache.
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Herber Rückschlag für Israels Regierungschef Netanjahu. Für seine neue Regierung kann er nicht mehr mit seinem langjährigen Verbündeten Lieberman rechnen.
Man könnte meinen alle Israelis haben deutsche Wurzeln, die wählen auch immer gegen besseres Wissen aus Tradition die alten Chargen und Täter. Eine Generation nach der anderen.
Spätestens jetzt sollte auch die Bundesregierung und EU gegenüber der israelischen Regierung ihre weiche Haltung aufgeben und mit Nachdruck die Räumung der Siedlungen in den besetzen Gebieten fordern!
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