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Kommentar Waffen für KurdenKleines, dickes Peschmerga

Kommentar von Georg Baltissen

Die Botschaft der deutschen Außenpolitik lautet derzeit: Mit deutschen Waffen wird alles gut im Irak. Das ist so kurzsichtig wie falsch.

Bekommen deutsche Waffen: kurdische Peschmerga-Kämpfer nahe Mossul.

J etzt sollen uns also die Kurden von den blutrünstigen islamistischen Horden befreien. Wir können uns alle wieder entspannt in unsere Sessel zurücklehnen. Mit deutschen Waffen wird alles gut im Irak – das ist die suggestive Botschaft der deutschen Außenpolitik.

Waffen an die Kurden?, fragt man sich verwundert: An welche Kurden denn? Die Peschmerga der kurdischen Autonomiebehörde im Irak sind bislang nicht durch Kampfkraft aufgefallen. Im Krieg gegen die Dschihadisten haben viele Peschmerga-Einheiten frühzeitig die Flucht ergriffen. Die Rückeroberung des Mossul-Staudammes gelang ihnen dank einer riesigen zahlenmäßigen Überlegenheit erst, nachdem die USA 35 Luftangriffe gegen die IS-Kämpfer flogen und rund 100 Soldaten der irakischen Armee in die Kämpfe eingriffen.

Als kampferprobt haben sich lediglich Einheiten der kurdischen Arbeiterpartei PKK erwiesen. An diese dürfen Waffen gar nicht geliefert werden, weil sie ja auch amtlich erklärte Terroristen sind.

Wer aber kann dafür garantieren, dass die PKK nicht in den Besitz deutscher Waffen gelangt? Oder ist man im Westen bereit, ein Auge oder beide fest zuzudrücken, weil es gegen einen noch schlimmeren Feind geht? Und was wird sein, wenn die Kurden die Waffen gegen die irakische Armee richten werden, um ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen? Und was werden wir sagen, wenn die PKK die Waffen gegen die anderen Kurden richtet, um die Vorherrschaft in einem künftigen Kurdenstaat zu erobern?

Noch eine Frage drängt sich auf: Warum fordern wir nicht die Saudis, Kuwaiter oder Katarer auf, gegen die IS zu kämpfen? Es geht auch um ihren Kopf. Denn die güldenen Throne der reichen und vom Westen hochgerüsteten Araber dürften arg ins Wanken geraten, wenn das Islamische Kalifat sich in der Region behauptet.

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Auslandsredakteur
61, ist Redakteur im Ausland und gelegentlich Chef vom Dienst. Er arbeitet seit 1995 bei der taz, für die er schon in den 80iger Jahren geschrieben hat. Derzeit ist er zuständig für die Europäische Union und Westeuropa. Vor seiner langjährigen Tätigkeit als Blattmacher und Titelredakteur war Georg Baltissen Korrespondent in Jerusalem. Noch heute arbeitet er deshalb als Reisebegleiter für die taz-Reisen in die Palästinensische Zivilgesellschaft. In den 90iger Jahren berichtete er zudem von den Demonstrationen der Zajedno-Opposition in Belgrad. Er gehörte zur ersten Gruppe von Journalisten, die nach dem Massaker von 1995 Srebrenica besuchte.
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16 Kommentare

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  • Emotional gesehen, Waffenlieferung an die Kurden ist eine sehr gute Zwischenlösung, die den Krieg verlangsamern kann.

    Die beste Lösung lautet:

    Die IS-Supporter (Türkei-Erdogan), Saudiarabien-Salafisten-Vahabitten) und Qatar abbremsen. (nur ein paar Jahren keine waffen an diese Länder liefern). Wenn Deutschland die Ohren der Länder bzw. UnterstützerInnen der Terrorgruppe IS etwas langzieht, dann werden die Kurden in Süd und West Kurdistan sehr dankbar und auch sehr zufrieden.

    Oder man unterstützt die Kurden auch politisch, dann haben wir das Problem des ISIS unendlich gelöst.

    Nicht vergessen: Gegen ISIS kämpfen nur Kurden! Der Rest (Türkei, Saudien und Qatar) unterstützen die Terroristen immer noch!

  • Der Autor schreibt offensichtlich niicht nur seit den 80er Jahren, sondern auch noch denselben Quatsch wie in den 80er Jahren. Deniz Yücel schrieb hier vor kurzem es wäre wenn dann allenfalls sinnvoll Waffen an die YPG/PKK zu liefern, denn sie sind die einzigen, die seit zwei Jahren den IS aufhalten. Sie sind auch die einzigen, die ein demokratisches Projekt für den Mittleren Osten haben. Das aber schmeckt den Herrschenden nicht, denn dann sind sie weg vom Fenster. Mit der immerselben Litanei, die PKK sind Terroristen etc. wird der Genozid im Mittleren Osten nur sinnlos verlängert.

    • @Anja Flach:

      Der Autor schreibt von "amtlich erklärte"(n) Terroristen, um (nicht sehr subtil) darauf hinzuweisen, dass die Unterscheidungen europäischer und us-amerikanischer Regierungen ziemlich arbiträr sind.

  • Leute, euer Deutsch ist immer wieder unterirdisch: In der Randspalte schreibt ihr, dass (mit zwei s) Georg Baltissen schon in den "80iger Jahren" für die taz schrieb. Also in den Achtzigiger Jahren? Es mag euch kleinlich erscheinen, dazu extra einen Kommentar zu schreiben. Allerdings ist die taz sehr oft so schlecht geschrieben, dass sie wirklich unseriös wirkt. Achtet doch einfach mal darauf, ob eure "dass/das" richtig sind, ob eure Interpunktion stimmt usw. Das ist das basale Handwerk. Es wirkt einfach dilettantisch, wenn ihr so schreibt. Wenn dann noch ein Artikel sehr subjektiv ist, hat man das Gefühl, sich auf den Autor/die Autorin in Sachen Journalismus nicht mehr verlassen zu können. Es gibt andere linke und schlecht finanzierte Zeitungen, die das wesentlich besser machen.

  • Uschi möchte nachbestellen und da müssen vorher die Bestände mal entrümpelt werden. An wen, warum und wofür der Dreck geht, ist da eher zweitrangig. Uschis neue Bundeswehr versteht sich halt als Wachtumsmotor der heimischen Wirtschaft und da kommt jeder Nahost-Konflikt nur recht. Kapitalismus ist nunmal ohne Kriege sehr schnell am Ende.

  • D
    D.J.

    Der A. hat auch mal wieder was abgesondert. Der soll denselben Beruf wie der geköpfte Foley haben. Sagt man jedenfalls. Besonders amüsant:

    Leon de Winter wird kritisiert, weil er auf das, was ist, hinweist (man denke an Tucholsky). Und natürlich hat Dschihad wieder nichts mit Religion zu tun.

    taz kriegt auch ihr Fett ab. Macht euch nichts draus, ich halte das für ein Kompliment bei dem.

    Es würde leider nicht der Nettiquette enteprechen, wenn ich schildere, was ich von dem da halte:

     

    http://www.spiegel.de/forum/politik/deutsche-waffenlieferungen-bekaempfen-wir-selber-schaffen-thread-136102-1.html

    • @D.J.:

      Ja und? Die ISis sind, zufolge dem Text du nicht kommentieren willst, keine Gefahr mehr für die Flüchtlinge.

      ISis erscheint hart militärisch konfrontiert von vielen Seiten.

      Und: Wenn man all die Fragmente von Informationen über IS-is zusammensetzt: Es ist eine wilde Gruppierung, geleitet von fanatischen arabischen Imamen. Eine Gruppe die primär aus Teenagern und jugendlichen begrenzter Bildung und sozialer Hoffnungslosigkeit besteht. Von denen offensichtlich viele verführt sind und unter Drogeneinfluss stehen, wie einstmals `Pervitin´(im WWII. bei NAZI´s verabreicht) oder sonstwie Amphetaminen (um humanes Gefühl zu anästhetisieren), um `göttlichen´ Kampfgeist aufzuputschen...Is-is dient der Legitimation des westlich- christlich erneuerten Kreuzzugs gegen den Islam. Das angestrebte Kalifat kann nur als `Reservat des Bösen´ vorzeitig enden, weil es nicht in die Welt passt!

  • Auf der Homepage von Jan van Aken (und wer weiss in diesem Kontext wovon er redet) stand neulich, die beiden kurdischen Milizen die dort kämpfen wollen gar keine Waffen.

    Gibt es dazu ein offizielles Statement oder kann man das sonst irgendwie verifizieren?

  • Und woher haben die IS-Soldaten wohl ihre Erstausstattung an Waffen? Etwa nicht von den Saudis und den Emiraten?

    Und warum hören wir nicht über diplomatische Vorstöße in Richtung dieser Staaten, um deren Einfluss auf die IS einzufordern?

  • In dieser Welt bedeutet Handeln, Fehler zu machen. Gefragt werden kann nur, welche Fehler am ehesten hinzunehmen sind. Und da scheint im Moment die Bewaffnung der kurdischen Kämpfer zum Zwecke der Niederwerfung der IS-Terroristen der kleinere Fehler. Oder in der Formulierung des Genossen Mao: Im Moment liegt der Hauptwiderspruch zwischen uns und dem IS-Gesindel und der Nebenwiderspruch zwischen uns und den (potentiell gefährlichen) Kurden. Das kann in Zukunft wieder anders sein. Aber jetzt geht es um die Niederwerfung der Gotteskrieger.

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Plumpe Emil:

      Das mag wohl sein, der "kleinere" Fehler ist sicher so korrekt definiert. Doch darum kann es nicht immerfort gehen. Wir sollten aus solchen "kleineren" Fehlern endlich Lehren ziehen. Wurde nicht Bin Laden als kleinerer Fehler gesehen, Saddam Hussein ebeso? Es muß ein anderer Weg gefunden werden. Es MUß !!!

      • @1714 (Profil gelöscht):

        In dieser Welt wird es nie ideale Verhältnisse geben, die man durch kluges Handeln erreichen könnte. Wer das glaubt, träumt. Bis ans Ende aller Tage wird sich die Menschheit so durchwursteln. Und da gilt die realistische Maxime: Wenn man irgendwo etwas verbessern kann, so sollte man es tun. Aber jede Hoffnung fallen lassen, damit einen Schritt zum Paradies auf Erden gemacht zu haben.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Nicht nur gegen die Iraker, auch gegen die Türken und Iraner werden sich die Kurden zu behaupten versuchen um ein vereintes Kurdistan zu errichten. Man kann zu einer solchen Staatsgründung stehen wie man will - sie wird kommen. Was erklären wir dann unserem Natopartner Türkei? Es gab (von der Vergangenheit muß man leider ausgehen) nicht ohne Grund die Einschränkung deutsche Waffen nicht in Krisengebiete zu liefern. Diese grundrichtige Maxime wird vorschnell und unüberlegt den Interessen der Rüstungslobby geopfert. Merkel hält sich vornehm zurück, von der Leyen inszeniert ihre Selbstdarstellung und Gabriel produziert mal wieder Überschriften: publikumswirksam werden die Betriebsräte der Rüstungsindustrie beschieden, daß Arbeitsplatzgarantien nicht mit tödlichen Waffen gegeben werden dürfen --- gleichzeitig beschließt die Regierung die Lieferung von Waffen in das Zentrum einer der gefährlichsten Krisenherde. Die Industrie wird zufrieden sein. Das Volk wird abermals für dumm verkauft. Niemand will die IS-Horden haben, aber es wäre ehrlicher, Waffen mitsamt Personal zu liefern. Doch wer will das durchsetzen? Starke UN-Truppen die auf so etwas spezialisiert sind, die gibt es nicht. Soll doch die "Koalition der Willigen" , allen voran die Amerikaner, diese Suppe auslöffeln, die sie der Welt eingebrockt haben.

  • D
    D.J.

    "Noch eine Frage drängt sich auf: Warum fordern wir nicht die Saudis, Kuwaiter oder Katarer auf, gegen die IS zu kämpfen?"

     

    Hmm, mal überlegen ... weil das saudische Wahhabiten-Regime im Wesentlichen dieselben ideologischen Grundlagen hat wie der IS? Die Kurden und alle Gemäßigten würden sich bedanken.

    Kopfschüttel.

    • @D.J.:

      >>Die Botschaft der deutschen Außenpolitik lautet derzeit: Mit deutschen Waffen wird alles gut im Irak. Das ist so kurzsichtig wie falsch.

       

      Ja, Waffen liefern ist

      falsch. So lehnen wir uns doch einfach zurück und gucken uns die Folgen dann in der Tagesschau an. Ist definitiv besser weil - keine Waffen von uns.

      Der Rest (Realität) ist ja egal - jedenfalls sind WIR sauber ...

      • @Christian Stetter:

        Unsinn - die Kritik richtet sich dagegen, anzunehmen, mit den Waffenlieferungen sei's getan. Denn das ist ja die Form, die deutsche Aussenpolitik aktuell annimmt.