Kommentar Vorratsdatenspeicherung: Die Regierung weiß es besser

Der Bundestag beschließt die Vorratsdatenspeicherung. Schon wieder. Soll man darüber weinen oder nur noch lachen?

Zwei Eier mit Bemalung

Lachen? Weinen? Klar ist nur: die Vorratsdatenspeicherung ist überflüssig. Foto: Photocase / Mcdeekey

Heulen. Lachen. In einer Übersprungshandlung das Handy im Klo versenken und in irgendeine Einöde ziehen.

Verständlich wäre es anlässlich der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, wie sie am Freitag der Bundestag durchgewunken hat. Schon das „wieder“ mutet an wie ein Witz, war doch der letzte Versuch vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden und später vom Europäischen Gerichtshof die als Basis dienende EU-Richtlinie. Aber nein, Bundesregierung und Bundestag wissen es natürlich besser.

Mal unter uns: Glauben die Befürworter der anlasslosen Überwachung tatsächlich, dass mit einer Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten irgendein Anschlag verhindert werden würde? Irgendwelche Straftaten aufgeklärt, bei denen Ermittler sonst aufgeben müssten? Oder haben die Sicherheitsbehörden den Verantwortlichen nur so lange auf der Schwelle gestanden, dass sie dachten, besser ein umstrittenes Gesetz als weiterhin diese Wegelagerer hier vor meinem Büro?

Dass jetzt herausgekommen ist, dass – zumindest bei SMS – technisch bedingt neben Metadaten auch Inhalte gespeichert werden, dann macht das den Grundrechtsverstoß vor allem plastischer. Metadaten sind für viele Nutzer eben doch etwas abstrakt. Und dass Menschen basierend auf Metadaten getötet werden, wie es ein ehemaliger US-Geheimdienstchef zugab, ist etwas, das vielleicht in Afghanistan passiert. Aber doch nicht hier.

Glauben die Befürworter der anlasslosen Überwachung tatsächlich, dass mit einer Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten irgendein Anschlag verhindert werden würde?

Nein, Drohnen­angriffe gab es hier noch nicht, aber damit erübrigt sich nicht die Grundsatzfrage: Ist jeder erst einmal unverdächtig? Oder verdächtig? Denn genau dieses Menschenbild geht mit der Vorratsdatenspeicherung einher: Jeder ist ein potenzieller Täter. Und deshalb brauchen wir alle Daten.

Was dabei verloren geht: Moderne Kommunikation und Überwachung, das muss nicht zusammengehören. Nachrichten, Telefonate, E-Mails, selbst Metadaten lassen sich verschlüsseln, anfallende Daten einfach nicht speichern, Accounts anlegen, ohne persönliche Informationen zu hinterlassen. Ginge alles. Wenn die Anbieter, die Nutzer und die Politik es denn wollten.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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