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Kommentar Volksinitiative "Schule in Freiheit"Mehr Freiheit hilft nicht allen

Antje Lang-Lendorff
Kommentar von Antje Lang-Lendorff

Die Forderungen der Volksinitiative klingen zunächst schlüssig. Doch der Geforderte Wettbewerb birgt auch eine Gefahr.

Kein Wunder, dass über 27.000 Berlinerinnen und Berliner für die "Schule in Freiheit" unterschrieben haben. Die Forderungen der Volksinitiative klingen zunächst schlüssig. Würden Privatschulen komplett öffentlich finanziert, müssten sie kein Schulgeld mehr erheben. Dann gäbe es mehr Chancengleichheit: Auch arme Eltern könnten sich aussuchen, ob sie ihre Kinder auf die Waldorfschule oder die staatliche Schule um die Ecke schicken wollen.

Die Forderung, den staatlichen Schulen mehr Freiheiten bei Inhalten, bei der Auswahl der Lehrkräfte und beim Budget zu lassen, hat ebenfalls Charme. Tatsächlich ist der Spielraum der staatlichen Schulen, um ein eigenes Profil zu entwickeln, bislang ziemlich klein. Auch deshalb ziehen sie im Vergleich zu den Privaten oft den Kürzeren. Ein bisschen Wettbewerbsfreiheit würde nicht schaden.

Doch genau dieser Wettbewerb birgt auch eine Gefahr. Die Ideen der Initiative setzen ganz auf eigenverantwortliches Handeln, auf das Engagement von Eltern, Lehrern und Schulleitern. Wo all das vorhanden ist, könnten sich stärker als heute eigene Modelle entwickeln, Lehrer sich verwirklichen und Schüler begeistert werden. Was aber, wenn das Engagement fehlt?

Ein Teil der bildungsbewussten Eltern schickt seine Kinder bereits jetzt auf Privatschulen. Würden die freien Schulen den staatlichen komplett gleichgestellt, würde sich dieser Trend verstärken. Staatliche Schulen hätten dann viel schneller das Stigma der Restschule weg. Die soziale Entmischung würde sich verschärfen. Das kann keiner wollen.

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Antje Lang-Lendorff
wochentaz
Teamleiterin Gesellschaft in der wochentaz. Seit 2007 fest bei der taz, zunächst im Berlin-Teil, dann in der Wochenend-Redaktion. Schwerpunkte: Soziales und Reportage.
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2 Kommentare

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  • M
    Martha

    Es wird schon jetzt niemanden verwehrt, sein Kind auf die beste/passende Schule (wenn es die überhaupt gibt) zu schicken. Ich bin mir wirklich ganz sicher, dass die Privatschulen auch trotz staatlicher Komplettfinanzierung Schulgeld verlangen würden. Im Kindergarten ist das schließlich auch so. Die Kindergärten bekommen vom Senat ihre Plätze finanziert. Trotzdem nehmen bestimmte Kindergärten Zusatzgebühren, teils weil sie tatsächlich eben bestimmte Zusatzangebote anbieten, teils aber schon aus sozialer Abgrenzung. Wer als "arme" Familie (es gibt durchaus HartzIV-Empfänger an Privatschulen, die sind aber nicht bildungsfern) in einer Privatschule ist, spürt seine Armut vielleicht noch stärker als an einer normalen Schule.

  • I
    imation

    Kurz gefasst:

     

    Es gibt ein paar wenige Leute denen es Scheissegal ist was aus ihren Kindern mal wird. Und wegen denen soll jetzt also der grossen Masse verwehrt werden für ihr Kind die beste/passendste Schule zu suchen?

    So etwas nennt man Niveauregulierung nach unten, und nicht Gerechtigkeit.