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Kommentar Verbot des PilotenstreiksStreik muss wehtun

Ein Gericht hat den Ausstand bei der Lufthansa verboten. Wenn Gewerkschaften nicht gegen Kürzungen streiken dürfen, wogegen dann?

Angekratzt. Lufthansa Foto: dpa

Ein Streik, der keinen wirtschaftlichen Schaden anrichtet, bringt nichts. Das mussten gerade die ErzieherInnen erfahren, deren Arbeitgeber viel Geld sparten, als die Kitas wochenlang geschlossen blieben, die Eltern aber weiter Gebühren zahlten. Die PilotInnen sind in einer weitaus komfortableren Lage: Ihr Streik bei der Lufthansa tut dem Arbeitgeber richtig weh.

Deshalb versucht der auch mit allen Mitteln, einen Abbruch zu erreichen. Zumindest juristisch mit Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat den Ausstand bei der Lufthansa am Mittwoch verboten. Die Begründung: Die Piloten kämpften gegen den Umbau der Lufthansa und die damit verbundenen massiven Einschnitte – also gegen eine unternehmerische Entscheidung.

Die Lufthansa plant erhebliche Kürzungen und die Verlagerung von Jobs in tariffreie Zonen. Wenn Gewerkschaften dagegen nicht mehr streiken dürfen, wogegen denn dann? Das Verbot ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf Streik. Dass es juristisch umstritten ist, zeigt die andere Entscheidung der Vorinstanz. Arbeitskämpfe müssen politisch ausgefochten, Ergebnisse in Verhandlungskommissionen und nicht im Gerichtssaal erzielt werden. Unternehmen, die wie die Lufthansa vor Gericht ziehen, unterminieren das gesamte Tarifvertragssystem.

Vielleicht hat das Urteil aber eine gute Folge: Es könnte die Arbeitskampfarroganz der PilotInnen dämpfen. Sie sind die absoluten Spitzenverdiener am Flughafen, ihre Streikkraft ist enorm. Sie nutzen sie aber nur für sich, statt den Schulterschluss mit anderen Beschäftigten wie Stewardessen, Stewards oder dem Bodenpersonal zu suchen. Diese leiden ebenso unter den angekündigten Kostensenkungen. Das Verbot zeigt, dass auch der größten Kampfkraft schnell Grenzen gesetzt werden können. Eine kluge Antwort der PilotInnen darauf wäre, dass sie das Bündnis mit ihren KollegInnen aus anderen Berufen suchen.

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8 Kommentare

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  • Wer immer den Piloten der LH das Recht zu streiken abspricht, weil sie ja einen Elite wären und schon so gute Arbeitsbedingungen haben liegt maximal weit daneben.

    Vielmehr sollten die LH Piloten die Vorbilder sein, da sie immer wieder zeigen wie man durch konsequente Streiks seine Bedingungen eben stark verbessern kann. Sicher verdienen sie meist gut, haben das aber eben durch Streiks erreicht für die andere Gewerkschaften zu doof / feige sind.

  • Merkwürdige Logik: Die Lokführergewerkschaft darf dafür streiken, dass sie auch Berufsgruppen vertreten darf, in denen sie praktisch keine Mitglieder haben.

    Die Piloten dürfen aber nicht dafür streiken, dass sie auch künftig alle Piloten der Lufthansa vertreten können.

    Hier wird mit zweierlei Mass gemessen - die Bahn kann ja zu Grunde gehen - die Lufthansa aber darf nicht zu Grund gestreikt werden, sondern muss Dumpinglöhne einführen dürfen um mit den anderen Fluggesellschaften, die das gleiche machen konkurrenzfähig zu sein.

  • Ach - woher dann plötzlich der Neid?! Wenn Unternehmer Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, um ihren Profit nochmal zu steigern oder Anleger ihre Dividenden etc einfahren, nicken das alle als naturgegeben ab. Warum jetzt den Piloten übel nehmen, dass sie ganz eigennützig für ihre ureigensten Interessen kämpfen? Es ist doch ganz egal, ob sie zu den gut Bezahlten gehören oder nicht (Ausbildung?!). Hier heht es ums Prinzip: dürfen Angestellte und Arbeiter noch in irgendeiner Form für fihre Interessen kämpfen oder schaffen es die Arbeitgeberverbände, unterstützt von den Medien, die Arbeiterschaft auseinander zu dividieren und die 'Tarifpartnerschaft' in der Versenkung verschwinden zu lassen...

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Die Frage ist, was für einen Richterschaft wir in Deutschland haben. Ein Unternehmen kann nur mit den Mitarbeiter umgebaut werden. Anscheinend, das haben die Richter nicht kapiert. Ich stelle den Richter unter, dass die Entscheidung bewusst gegen Streik gefallen ist. Sowie die Frau Nahles vorhatte. Nämlich, Arbeitgeber unfreundliche Gewerkschaften verbieten. Das ist eine echte Demokratie, auf sie wir so lange gewartet haben. Hoch lebe die schein Demokratie. Es ist mir ganz egal, wie die Richter entscheiden, Piloten haben das Recht zu streiken.

  • Das hat zB Herr Baublies von der UfO doch gerade abgelehnt und zwar mit so harten Worten, dass seine eigene Streikdrohung aus den Sommermonaten unglaubwürdig wurde. Und mit einer nur halbherzig hinter den Zielen stehenden Truppe ist auch nur schwer ein Sieg zu erreichen.

  • Der Weg bis zur staatlich gesteuerten Einheitsgewerkschaft ist zwar noch lang, aber die Hindernisse werden zunehmend beschleunigt abgebaut. Trotzdem ist diesbezüglich jedes Hochrechnen reine Spekulation. Absulut sicher ist lediglich, das es unabhängig von allen Zuständen stets eine Mehrheitsmasse geben wird, die wirksam verhindert, daß etwas auch einmal besser werden kann.

  • "Das Verbot ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf Streik"

     

    Na ja, mit dieser Meinung ersetzen Sie bestenfalls die juristische Wertung der Berufungsrichter durch Ihre eigene Wertung. Ein Mahnbescheid gegen einen säumigen taz-Abonnenten ist ja auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in dessen Eigentumsrechte. Hier geht es um legitime Streikziele, und deren Legitimität ist die Voraussetzung für das Streikrecht überhaupt.

     

    Aber in einem Punkt haben Sie recht: wenn ich mir vorstelle, dass ein LH-Kapitän morgens seine Villa in Kronberg verlässt, mit betrübtem Blick in seinen Porsche steigt, um zum Streiklokal am Flughafen zu fahren, um dort vor brennenden Ölfässern auf und ab zu marschieren, dann, ja dann hat er den Schuss nicht gehört, der Easyjet, Ryanair etc. heißt.

  • Die Piloten Streiken die LH in den Konkurs, und die anderen müssen es dann mit ausbaden. Es gibt in der Belegschaft der LH nähmlich keine Einigkeit, hier streikt eine kleine Funktionselite gegen ihre Kollegen. Die LH ist das Paradebeispiel wie das Streikrecht nicht funktionieren sollte. Hier macht das Streikrecht die Reichen reicher und die Armen ärmer.

    Die Dividenden die die LH zahlt(e) sind eh nicht der Rede wert.