Kommentar Verbot der Legida-Demo: Demokratie auf Sächsisch
Leipzig hat eine Legida-Demo abgesagt. Die Inhalte des Grundgesetzes haben sich offenbar noch nicht bis nach Sachsen herumgesprochen.
M einungsfreiheit und Demonstrationsrecht sind Grundrechte in der Bundesrepublik Deutschland. Es mutet mehr als seltsam an, dass dies 65 Jahre nach Gründung dieses Staates noch betont werden muss. Aber offenbar haben sich die Inhalte des Grundgesetzes noch nicht bis nach Sachsen herumgesprochen. Dort, genauer in Leipzig, hat die Stadt eine für den Montag geplante Legida-Demonstration mit der originellen Begründung verboten, es stünden nicht genügend Polizeikräfte zur Verfügung. In Dresden hatte der Polizeipräsident erst vor wenigen Wochen ein Demonstrationsverbot erlassen, weil eine Terrorgefahr vorliege.
Die Pegida- und Legida-Demonstrationen sind eine Versammlung des dumpfen Deutschlands mit eingelagerten Neonazis. Es gibt mehr als genug Gründe, um gegen diese Bewegung zu demonstrieren. Sollten Rechtsradikale eine solche Kundgebung zum Anlass für Gewalttaten nutzen wollen, ist ein Verbot denkbar. Aber davon steht nichts in der Leipziger Verbotsverfügung.
Beim Demonstrationsrecht geht es nicht darum, ob uns bestimmte Demonstranten sympathisch sind, sondern um ein Grundrecht, das jedem zusteht. Es wäre ein Ding aus dem Tollhaus, würden Genehmigungen künftig vom Wohlwollen eines Polizeipräsidenten abhängig gemacht. Wie wäre es, wenn die nächste Kundgebung gegen Antisemitismus verboten würde, weil die Sicherheitskräfte von einer Erkältungswelle betroffen sind? Die Vorstellungen der Stadt Leipzig von Meinungs- und Versammlungsfreiheit erinnern, man kann es nicht anders sagen, an Erich Honecker.
„Je suis Charlie“: Mit diesem Bekenntnis hat sich noch vor kurzem das halbe Land für die Meinungsfreiheit engagiert, und das zu Recht. Schon mal davon gehört, lieber Oberbürgermeister Burkhard Jung?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands