Kommentar Urteil gegen Sawtschenko: Der Rechtsstaat ist für alle da

Das ukrainisch-russische Verhältnis wird durch den Fall Sawtschenko weiter vergiftet. Beide Seiten könnten aber für Entspannung sorgen.

Eine Frau, eingehüllt in eine ukrainische Flagge, hält ein Foto von einer Frau in der Hand

Es gibt keinen Grund, Nadija Sawtschenko weiter in Russland festzuhalten – Demonstrantin in Minsk Foto: reuters

Nein, das russische Gericht hat die Frage, wer schuld ist an der Tötung der russischen Journalisten Igor Korneljuk und Anton Woloschin, nicht eindeutig geklärt. Insbesondere der Umstand, dass die an der Hand verletzte Nadija Sawtschenko an diesem 17. Juni 2014 nicht sechs Meter auf einen Mast hatte klettern können, beweist, dass die Ukrainerin Sawtschenko die russischen Journalisten nicht getötet hat.

Dass das russische Gericht auch alle anderen Gutachten, die die These der Verteidigung untermauerten, wonach Sawtschenko zum Zeitpunkt der tödlichen Schüsse bereits in Kriegsgefangenschaft war, nicht zuließ, zeigt, dass das Gericht keineswegs von der Schuld der Ukrainerin überzeugt ist.

Sawtschenko konnte der Mord an den beiden russischen Journalisten nicht nachgewiesen werden. Und allein deswegen gibt es keinen Grund, sie noch weiter in Russland festzuhalten. Der Rechtsstaat ist für alle da.

Gleichzeitig ist aber auch festzustellen: Für das Schicksal der beiden getöteten russischen Journalisten, Igor Korneljuk und Anton Woloschin, interessiert man sich in der Ukraine nur wenig. Hier wurden zwei Journalisten in der Ukraine erschossen, und es ist Aufgabe eines Rechtsstaats, umgehend strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten. Die Frage des Mords an den beiden russischen Journalisten darf nicht von der Tagesordnung genommen werden.

Sollte das Gericht im russischen Donezk Sawtschenko verurteilen, wird dies das angespannte ukrainisch-russische Verhältnis weiter vergiften und all die bestätigen, die einen völligen Abbruch der diplomatischen Beziehungen fordern. Russland könnte mit einer zügigen Freilassung der Angeklagten für eine Entspannung sorgen.

Und auch die Ukraine könnte einen Teil zur Entlastung der angespannten Beziehungen beitragen. Wie wäre es mit Beileidsbekundungen aus dem ukrainischen Präsidialamt an die Familien der toten russischen Journalisten?

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Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

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