piwik no script img

Kommentar Urteil KontenkündigungFür politische Privatautonomie

Der Bundesgerichtshof hat die Kündigung eines rechten Verlagskontos durch die Commerzbank gebilligt. Das geht juristisch und politisch in Ordnung.

Wem die eine Bank das Konto verweigert, der kann sein Geld ja mal bei einer anderen vorbeitragen Bild: dpa

D as Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) stärkt vor allem die Handlungsfreiheit von Privatbanken. Sie können sich ihre Kunden aussuchen und Geschäftsbeziehungen nach Lust und Laune beenden. Damit ist auch eine einfache und begründungslose Kündigung von rechten Bankkonten erlaubt, wie im Fall der Commerzbank, die die Bankverbindung einer rechten Verlagsgruppe ohne nähere Gründe beenden will.

Antifaschistische Schadenfreude ist aber nicht angebracht. Das BGH-Urteil kann genauso gut auf linke Bankverbindungen angewandt werden. Der Deutschen Bank etwa wird es nun - im vierten Versuch - wohl endlich gelingen, das Konto der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zu kündigen.

Juristisch und politisch ist das Urteil in Ordnung. Private Banken wie die Commerzbank und die Deutsche Bank sind nicht der Staat. Während der Staat grundsätzlich alle Bürger gleich behandeln muss, ist ein privates Unternehmen hierzu nicht verpflichtet. Wenn es keine Geschäfte mit rechtsextremen Kunden machen will, muss es dies auch nicht. Und es muss dies nicht einmal begründen. Ein privates Unternehmen ist nicht an das Gleichbehandlungs-Gebot des Grundgesetzes gebunden. Es genießt Privatautonomie und Vertragsfreiheit.

Bild: taz
Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Zwar gehört ein Girokonto heute zu den Grundbedürfnissen eines Menschen und vor allem eines Betriebs. Doch gibt es Girokonten ja nicht nur bei einer einzigen Bank. Wem die Commerzbank ein Konto verweigert, kann es ja mal bei der Deutschen Bank versuchen oder einer kleinen Privatbank. Wenn es sich um einen gesellschaftlich stigmatisierten Kunden handelt, kann es allerdings sein, dass alle Privatbanken abwinken, weil sie um ihren guten Ruf fürchten. Doch auch dann ist die Lage nicht aussichtslos, denn es gibt ja auch öffentlich-rechtliche Banken wie die Sparkassen, die an die Grundrechte gebunden sind. Sie sind grundsätzlich verpflichtet, auch Kunden, die sie nicht mögen, ein Konto zu geben.

Was bleibt, ist der Ärger mit dem Kontowechsel. Geschäftspartner müssen über die neue Bankverbindung informiert werden, Briefpapier ist zu ändern und wahrscheinlich geht auch die eine oder andere Zahlung noch an das alte gekündigte Konto, also ins Nichts. Wer umstrittene Waren vertreibt und Bankwechsel-Frust vermeiden will, geht am besten gleich zu einer öffentlich-rechtlichen Bank.

Dass uns das BGH-Urteil dennoch erstaunt, hat mit einer neueren Entwicklung zu tun. In den EU-Anti-Diskriminierungs-Richtlinien und im deutschen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wird die Handlungsfreiheit der Privatwirtschaft zunehmend eingeschränkt. Auf dem Arbeitsmarkt und bei privaten Massengeschäften (etwa im Supermarkt oder bei einer Wohnungsgesellschaft) darf niemand ausgegrenzt werden, nur weil er dunkelhäutig, weiblich oder homosexuell ist.

Allerdings gilt dieses neue Diskriminierungsverbot nicht für politische Einstellungen. Kein Gastwirt muss Nazis das Hinterzimmer für Veranstaltungen vermieten und das ist auch richtig so. Wenn es um politische Haltungen geht, sollte die Privatautonomie bestehen bleiben - selbst wenn das dann gelegentlich auch Linke trifft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • U
    Ute

    Und was soll durch dieses Urteil tatsächlich gewonnen sein?

     

    Ich halte es noch nicht einmal für richtig, rechten Veranstaltungen einen Gastraum zu verweigern.

    Wenn verfassungsfeindliches Treiben unterbunden werden soll, dann muss es als solches angegangen werden.

     

    Und gibt dieses Urteil nicht den Weg dafür frei, notwendige Dienstleistungen zu verweigern, wenn einem die "Nase" von jemanden nicht passt, vielleicht auch dann, wenn man dazu einen Wink von Denen Da Oben bekommen hat?

  • M
    mike

    schön dann ist jetzt endlich der Kunde entgültig vogelfrei... du möchtest dich politisch einsetzen? Dann pass bloss auf das du deine Bank nicht verärgerst, sonst bis du dein Konto los.

  • T
    Tim

    Stimmt, viccy.

    Hatter fein die Gehirnwäsche ausm Jurastudium angewandt.

  • WN
    Weiß nicht

    Stimmt, @Viccy, ein guter, unaufgeregter und informativer Kommentar von Herrn Rath.

    Dennoch:

    Der Verlag ist mir nicht bekannt, sehr gut möglich, dass es nach meinem Weltbild "die Richtigen" trifft. Die riesengroße Gefahr liegt freilich darin, dass Unternehmen durch Kampagnen nunmehr stärker erpresst werden können (z.B. durch Antifa-Fuzzis, die in ihrer Dummheit und Hybris meinen, die alleinige Definitionshoheit über den Begriff "Faschismus" zu haben). Ob das diese edle Bank bedacht hat?

     

    @reblek,

     

    "Was hat diese Partei ausgerechnet bei dieser Bank zu suchen?"

     

    Ich weiß nicht, ob es lohnend ist, die wirren Gedanken solcher Politsektenspinner ergründen zu wollen.

  • V
    viccy

    Guter Kommentar von Herrn Rath, der alle wesentlichen Punkte klar, verständlich und unideologisch analysiert. Einer der besten Schreiber bei der taz.

  • R
    reblek

    "Der Deutschen Bank etwa wird es nun - im vierten Versuch - wohl endlich gelingen, das Konto der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zu kündigen." - Was hat diese Partei ausgerechnet bei dieser Bank zu suchen?