Kommentar Unterhaltsrecht: Teilzeit-Vater, Vollzeit-Zahler
Wenn es mit der Familie schiefgeht, greift das deutsche Unterhaltsrecht. Doch das benachteiligt Väter, die sich aktiv um ihre Kinder kümmern.
M ami ist die Beste. Mami hält die Familie zusammen. Nächsten Sonntag wird Mami wieder am Muttertag gefeiert. Alles schön und gut. Aber was ist mit Papi? Während zum Muttertag Maiglöckchen gepflückt und liebevoll Kuchen gebacken werden, die die Familie gemeinsam verspeist, sieht der Vatertag so aus: Die „Herren“ ziehen mit Bollerwagen voll Bier in den Wald und lassen sich fern von Mami und Kindern volllaufen. So weit unsere Kultur zum Thema Vater.
So süßlich-klebrig das Mutterbild ist, so asozial ist das Bild, das man sich von Vätern macht. Auch das deutsche Recht vermittelt dieses Bild: Der Vater ist familienfern, er schafft vor allem die Kohle ran. Die Mami ist mehr daheim. Zur Belohnung dafür gibt’s ’ne Mütterrente und das Ehegattensplitting.
Dass Väter in der Familie aktiv sein wollen und Mütter vermehrt berufstätig sein wollen, spielt erst am Rande eine Rolle: Allein die Elternzeit, typischerweise ein neues (und moderneres) Instrument, nimmt Rücksicht auf ebensolche Konstellation.
Wenn’s denn aber mal schiefgehen sollte mit der Familienidylle, greift das deutsche Unterhaltsrecht. Und das gibt ein bemerkenswert paradoxes Bild ab. Einerseits setzt es seit 2008 darauf, dass auch Mütter nach der Trennung Geld verdienen, und zwar relativ schnell. Die andere Hälfte aber fehlt: Väter, die dann auch mehr Zeit für ihre Kinder brauchen. Sie sind schlicht nicht vorgesehen.
Im Gegenteil, je mehr sie sich um die Kinder kümmern, desto stärker werden sie bestraft. Denn sie zahlen weiter Unterhalt und verbringen Zeit mit ihren Kindern. Die letzten BGH-Urteile, die Vätern dafür, dass sie in sehr großem Umfang für ihre Kinder da waren, nur minimale Abschläge gewährten, zementieren diese Bestrafung noch. Dass ein Vater weiterhin eine gewichtige Rolle im Leben seiner Kinder spielt, auch wenn die Eltern getrennt sind, kennt das Unterhaltsrecht nicht. Diese Väter gibt es aber – und es werden immer mehr. Denn wer sich die Elternzeit teilt, der hat natürlich eine engere Bindung an das Kind aufgebaut.
Immer weniger Väter wollen diese Verbindung einfach kappen, nur weil die Beziehung zur Mutter nicht mehr funktioniert. Es wird also höchste Zeit, die zweite Hälfte des Unterhaltsrechts ebenfalls zu modernisieren und aktive Vaterschaft zu ermöglichen. Die Hälfte des Kuchens für die Väter! Und Freibier für alle!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker