Kommentar Umbau der Stromwirtschaft: Billiger Norden, teurer Süden
Man könnte die Stromwirtschaft ändern. Die Idee: zwei Preiszonen für Deutschland. Hat der Süden Mangel, könnte sich das in den Preisen spiegeln.
M al ganz pragmatisch: Wenn neue Stromtrassen von Nord nach Süd im dicht besiedelten Deutschland nicht oder nur schleppend vorankommen, was dann? Dann ist man gut beraten, diese Realität zur Kenntnis zu nehmen und mögliche Alternativen unbefangen zu diskutieren. Bislang hatten solche Alternativen leider keinen Raum in der Debatte, in der Politik wie Stromwirtschaft die Notwendigkeit neuer Stromautobahnen ständig wiederholen.
Unbestritten ist, dass in der deutschen Stromwirtschaft Umbauten nötig sind, schließlich passen die kaufmännische Organisation des deutschen Strommarktes und die technisch-physikalischen Rahmenbedingungen des Netzes immer weniger zusammen. Aber grundsätzlich lässt sich dem eben auf zwei Arten begegnen, von denen nur eine Variante bisher ausgiebig diskutiert wurde: die Anpassung der Technik durch Netzausbau.
Aber man kann natürlich auch den Markt anpassen. Vielleicht ist das sogar die einfachere Variante. Und so macht nun die Idee die Runde, Deutschland in zwei Preiszonen zu splitten. Wenn der Norden künftig Strom im Überfluss erzeugt und der Süden Mangel hat, spiegelt sich das dann in den Preisen wider, was wiederum auf Seiten der Erzeuger wie der Verbraucher gewollte Anpassungsreaktionen induziert.
Um nicht missverstanden zu werden: Es soll hier nicht vorschnell die Zweizonenlösung als das optimale Modell propagiert werden. Aber die Idee klingt zu gut, um sie von vornherein abzubügeln. Und sie rührt auf erfrischende Weise an einem Tabu.
Ob das Konzept am Ende wirklich taugt, sollte sich dann in einer breiten gesellschaftlichen Diskussion herauskristallisieren. Schön jedenfalls, dass diese nun eröffnet ist – Denkverbote waren nie gute politische Ratgeber.
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