Neue Stromtrassen in Deutschland: Ganz schön lange Leitung

Der neue Plan für die Stromnetze liegt vor. Er ist eine Niederlage für Horst Seehofer. Die von ihm bekämpfte Ost- Süd-Trasse soll noch länger werden.

Der neue Plan für die Stromtrassen wird Bayerns Ministerpräsidenten nicht begeistern Bild: dpa

FREIBURG taz | Die Stromtrasse Ost-Süd soll noch länger werden als bisher geplant. Das steht im neuen Netzentwicklungsplan, den die vier Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW am Dienstag veröffentlichten. Die bislang vom Kohlerevier Lauchstädt bei Halle bis Meitingen bei Augsburg vorgesehene Hochspannungs-Gleichstrom-Trasse soll nun im Norden sogar bis nach Wolmirstedt bei Magdeburg reichen.

Im Süden soll sie bis in den Raum Gundremmingen verlängert werden. Statt der geplanten 450 Kilometer würde die Leitung damit rund 600 Kilometer lang.

Die Netzbetreiber begründen die Pläne mit einem stärkeren Ausbau der Windkraft an Land, vor allem im deutschen Nordosten. Die Windleistung werde nach neuen Schätzungen in zehn Jahren um 1,4 Gigawatt höher liegen als bisher vermutet. 50-Hertz weist zudem darauf hin, dass langfristig ohnehin eine Verlängerung der Trasse bis nach Güstrow vorgesehen sei, somit ziehe man nur ein Teilstück vor.

Die Leitung soll bis 2022 stehen

Die Bundesnetzagentur wird den neuen Plan nun prüfen und vermutlich noch Änderungen anbringen. Auf dieser Basis soll dann das Gesetz novelliert werden, in dem der Netzausbau festgeschrieben wird.

Noch stehe der Plan, die Trasse im Jahr 2022 fertiggestellt haben zu wollen, sagt ein 50-Hertz-Sprecher. Doch er räumt ein, dass sich durch die zusätzlichen Kilometer weitere Konfliktherde auftun würden – wegen Naturschutzgebieten oder Protesten von Bürgern.

Zu den größten Kritikern des Stromleitungsausbaus zählt die bayerische Landesregierung. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte: „Eine Vorfestlegung auf bestimmte Trassen ist damit nicht verbunden.“ Es bleibe beim mit der Bundesregierung vereinbarten Fahrplan. Demnach soll Bayern im Dialog mit Bürgern und Wirtschaft bis Januar eine Entscheidung treffen, ob sie die geplanten Trassen so akzeptieren.

Braunkohlestrom in den Süden

Wichtig ist dabei die Frage, ob die fossile oder die erneuerbare Energie von den neuen Leitungen profitiert. Lorenz Jarass, Wirtschaftswissenschaftler an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden, ist überzeugt, dass die neuen Leitungen weniger dem Ökostrom-Transport dienen als vor allem den Betrieb alter Kohlekraftwerke sichern. Statt Braunkohlestrom über große Trassen nach Süddeutschland zu leiten, sei es besser, im Süden schnell regelbare Reservekraftwerke bereitzuhalten.

CSU-Vorsitzender Horst Seehofer warnte im Streit über die Stromtrassen vor einer Kostenexplosion. Der bayerische Ministerpräsident sprach von Belastungen von weit über 20 Milliarden Euro für die Stromkunden.

„Irre Zustände“ beklagte dagegen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD): In Süddeutschland werde ein Atomkraftwerk nach dem anderen abgeschaltet. Weil der im Norden im Überfluss produzierte Windstrom aber wegen fehlender Leitungen nicht in den Süden komme, müsse dort manchmal Strom aus veralteten Ölkraftwerken in Österreich zugekauft werden. (mit dpa)

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