Kommentar US-Strafverfolgung: Schritt gegen Alltagsrassismus
Die USA erkennen endlich, dass sie ein Problem haben. Ihre Strafverfolgung diskriminiert Schwarze, Hispanics und andere Minderheiten.
E ndlich tut sich etwas! Zeitlich ist es Zufall, dass beide Entscheidungen am gleichen Tag öffentlich wurden: jene einer New Yorker Bundesrichterin, die Kontroll- und Durchsuchungspraxis der New Yorker Polizei für verfassungswidrig zu erklären, und jene des US-Justizministers Eric Holder, die Haftstrafen für kleinere Drogendelikte drastisch herabzusetzen.
Inhaltlich aber zeigen beide: Die USA erkennen endlich an, dass sie ein Problem haben. Zu viele Schwarze, Hispanics und Angehörige anderer Minderheiten stehen unter Generalverdacht, geraten in Konflikt mit der Polizei und sitzen unnötig lange in Haft.
Es war in den Neunzigern, als New Yorks Bürgermeister Giuliani die Politik der „Null Toleranz“ durchsetzte. Etwa zehn Jahre später, als Reaktion auf eine Crackwelle, folgten harte Mindeststrafen für Drogendelikte.
Auf den ersten Blick hat beides funktioniert: Die Kriminalitätsraten in New York und im ganzen Land sind so niedrig wie lange nicht mehr. Auf den zweiten Blick aber, und der wurde unlängst durch den Fall des in Florida getöteten 17-jährigen Schwarzen Trayvon Martin wieder geschärft, hat diese Politik eine Ungleichbehandlung geschaffen, deren negative Folgen die positiven Effekte gesunkener Kriminalitätsraten mindestens aufwiegen.
So wie der selbst ernannte Wachmann George Zimmerman in Florida dem Jugendlichen folgte, weil er jung und schwarz war und einen Kapuzenpulli trug, so kontrollierte die New Yorker Polizei in den vergangenen neun Jahren in 84 Prozent der Fälle Schwarze oder Hispanics – und fand in neun von zehn Fällen keinerlei Hinweise auf kriminelles Verhalten. Die Botschaft dieser Politik an Minderheiten: Wir, „die Gesellschaft“, sehen euch als Bedrohung. Das ist Rassismus. Mit den Entscheidungen Eric Holders und der New Yorker Richterin wird das anerkannt. Ein wichtiger Schritt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid