Kommentar US-Klage gegen VW: So entschlossen kann Politik reagieren
Lügen und verzögern. So ging VW laut US-Behörden mit dem Abgasskandal um. Nun hat die Umweltbehörde Klage erhoben. Gut so.
E s ist ein erfreulich entschlossenes Vorgehen: In den USA hat die Umweltbehörde Zivilklage gegen Volkswagen erhoben. Das war zwar erwartet worden, doch die Klage kommt nun früher als vom Konzern erhofft – und schärfer. Denn im Mittelpunkt stehen nicht die Autofahrer, denen fehlerhafte Fahrzeuge verkauft wurden, sondern die wahren Opfer des Skandals: die Menschen, deren Lungen von den illegal manipulierten Autos jahrelang und massiv geschädigt wurden.
Die Umweltbehörde verweist auf einen direkten Zusammenhang zwischen erhöhten Stickoxidwerten und schweren Erkrankungen sowie vorzeitigen Todesfällen. Wenn sich die Richter der Sicht anschließen, dass VW unmittelbar für Gesundheitsschäden verantwortlich ist, wird das die Schadenersatzzahlungen massiv ansteigen lassen.
Zudem machen die US-Behörden deutlich, wie sie den bisherigen Umgang von Volkswagen mit dem Skandal einschätzen: Er war geprägt von Lügen, Vertuschen und Verzögern.
Genauso agiert das Unternehmen trotz aller Versprechen von Offenheit und Transparenz auch in Deutschland. Doch dass sich die deutsche Politik vom entschlossenen Vorgehen der US-Behörden anstecken lässt, ist leider nicht zu erwarten. Das Bundesverkehrsministerium sieht seine Aufgabe weiterhin darin, den VW-Konzern vor noch mehr Unheil zu bewahren, und trägt die Strategie des Aussitzens voll mit.
Eine Warnung dürfte das scharfe Vorgehen gegen VW aber für andere Hersteller sein. Denn auch bei Mercedes, BMW, Opel und Renault wurden auffällige Abgaswerte gemessen, für die es bisher keine nachvollziehbare Erklärung zu geben scheint. Dennoch bestreiten diese Hersteller jedes illegale Vorgehen vehement. Das hat auch VW gemacht – bis die US-Behörden die Lügen aufgedeckt haben. Doch das lange Abstreiten hat das Problem nicht kleiner gemacht, sondern größer. Lügen kommen weder in der Öffentlichkeit noch bei der Justiz gut an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball