Kommentar UN-Mission Südsudan: Fehler der UN gefährden den Frieden
Die UNO schickt eine globale Helferelite in den Südsudan, die lokale Expertisen ignoriert. Damit treibt sie frustrierte Ex-Guerilleros in die Hände neuer Warlords.
W enn ein bitterarmes Land aus Jahrzehnten des Bürgerkriegs erwacht, bedeutet der Aufbau von Frieden viel mehr als nur, dass die Waffen schweigen. Es geht darum, das Lebensumfeld der Menschen behutsam zu stabilisieren, ihnen neue Perspektiven jenseits der Gewalt zu eröffnen und verlässliche Institutionen zu schaffen, die der Gesellschaft Halt bieten.
Frühere Kämpfer müssen sich aus alten Abhängigkeiten von Warlords lösen und einen selbstbestimmten Beitrag zur Sicherung ihrer Familien und Gemeinschaften leisten können: Das ist die größte Herausforderung.
In diesem Kontext ist es immer eine heikle Angelegenheit, wenn ausländische Experten mit fetten Jeeps und außerirdisch anmutenden Gehältern anrollen und bitterarmen Kriegsüberlebenden erklären, wie sie ihre Probleme zu lösen haben. Längst haben die Krisen der Welt eine globale Helferelite gezüchtet, die quer über den Globus von einem gut bezahlten Posten zum nächsten hüpft und sich alle Widrigkeiten mit Dollarbündeln vom Leib hält.
Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur im taz-Auslandsressort.
Allzu oft ignoriert sie lokale Expertise, marginalisiert lokale Friedenskräfte und lässt lokale Stabilisierungsprozesse mangels Finanzierung und Anerkennung scheitern, während sie für hundertmal so viel Geld eigene Ideen ausprobiert und damit neue Konflikte produziert.
Die Unabhängigkeit Südsudans, Ergebnis eines jahrzehntelangen Freiheitskampfes, müsste eigentlich ein lichter Moment im Kampf um das Selbstbestimmungsrecht der Völker sein. Dank der Kapriolen, die sich die UNO derzeit mit ihrem Demobilisierungsprogramm leistet, wächst aber nun bei jenen, die dem Südsudan überhaupt erst die Freiheit beschert haben, der Frust und die Enttäuschung.
Die Gefahr ist, dass sich frustrierte Exguerilleros neuen Warlords zur Verfügung stellen, wie es einst Saddam Husseins Soldaten nach dem Irakkrieg getan haben. Es gibt im Sudan genügend Konfliktpotenzial und Kriegstreiber. Und vor allem nehmen in Sudans Hauptstadt Khartoum in der etablierten Elite sehr viele die Abspaltung des Südens nur widerwillig hin.
Die UNO ist ursprünglich nach Südsudan gekommen, um den Frieden zu sichern und dafür zu sorgen, dass ein stabiler neuer Staat entsteht, sofern die Südsudanesen ihn wünschen. Sie sollte sich schleunigst darauf besinnen, dieses Ziel zu erfüllen - und nicht durch ihre eigenen Fehler zu untergraben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern