Kommentar UN-Entwicklungsgipfel: Durchmarsch der reichen Länder
Der Westen hat in Addis Abeba kompromisslos auf dem ökonomischen und finanzpolitischen Status Quo beharrt. Das ist der Weg in den Abgrund.
V iel Öffentlichkeit hat sie nicht bekommen, die UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung, die von Montag bis Donnerstag in Addis Abeba getagt hat. Zu Unrecht. Denn was da beschlossen wurde – oder genauer: was da nicht beschlossen wurde – ist wichtig. Und deprimierend.
Die sechs Handlungsfelder, die 2002 auf der ersten solchen Konferenz im sogenannten Monterrey-Konsensus festgehalten wurden, definieren recht zielgenau, an welchen Stellschrauben in welcher Richtung gedreht werden müsste, um die unglaublichen Ungerechtigkeiten der weltweiten Finanzströme auszugleichen. Es geht darum, den Milliarden Menschen, die in den armen und ärmsten Ländern der Welt leben, den Zugang zu Entwicklung, zu Basisgesundheit, Bildung, Ernährung und Einkommen zu ermöglichen.
Nur: Umgesetzt ist davon 13 Jahre später nichts. Darum sollte es eigentlich gehen in Addis Abeba. Aber schon in den monatelangen Vorverhandlungen war klar geworden, dass der geschlossene Block der Industrieländer die Aufnahme jeglicher Formulierung verhindern würde, die tatsächlich eine der vielen notwendigen Veränderungen bringen könnte. Denn natürlich geht es dabei letztlich um Umverteilung – und das könnte jene etwas kosten, die von Ungerechtigkeit profitieren.
Der Westen hat in Addis Abeba kompromisslos und mit allen Mitteln der Einschüchterung auf dem ökonomischen und finanzpolitischen Status quo beharrt, hat die Gewinnmaximierungsinteressen transnationaler Konzerne deutlich höher angesiedelt als das öffentliche Wohl. Jeder, der bei Verstand ist, erkennt das als Weg in den Abgrund.
Spätestens wenn das nächste Mal ein europäischer Regierungspolitiker daherredet, man könne nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, man solle besser die Fluchtursachen angehen, gehört ihm das Abschlussdokument von Addis Abeba so lange um die Ohren gehauen, bis es richtig wehtut.
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