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Kommentar Türkei und #FreeDenizFreiheit im Konjunktiv

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Eine Normalisierung der deutsch-türkischen Beziehung ist erst nach Deniz Yücels Freilassung denkbar. Dafür gibt es jetzt erste Anzeichen.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am 28. Dezember 2017 Foto: dpa

E rstmals seit Monaten gibt es in der Türkei Anzeichen dafür, dass die Inhaftierung von Deniz Yücel ihrem Ende entgegengehen könnte. Nachdem im letzten Oktober Peter Steudtner freigekommen war und im Dezember auch Meşale Tolu das Gefängnis verlassen durfte, hat jetzt der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu angekündigt, dass bald eine Anklage gegen Yücel vorgelegt werden könnte.

Sicher, das alles findet noch im Konjunktiv statt, dennoch sind die Indizien so ermutigend wie nie seit der Festnahme von Deniz im Februar letzten Jahres. Seit Oktober kündigt die türkische Regierung immer wieder an, dass sie ein Ende der Konfrontation mit Berlin anstrebe. Mit der Freilassung von Steudtner, Tolu und anderen deutschen politischen Gefangenen hat sie einige kleine praktische Schritte gemacht.

Umgekehrt ist es wohl auch kein Zufall, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen mehrere Imame der mit Ankara eng verbundenen Ditib-Moscheen eingestellt hat – auch wenn die Bundesregierung natürlich heftig bestreitet, dass es da einen Zusammenhang gibt.

Echte Schritte zur Normalisierung der deutsch-türkischen Beziehungen werden aber erst erfolgen, wenn Deniz Yücel wieder in Freiheit ist. Das wissen die türkische Regierung und auch Erdoğan persönlich. So schwer es dem türkischen Präsidenten fallen dürfte, bei Deniz Yücel einen Rückzieher zu machen: Ohne die Freilassung des Welt-Korrespondenten gibt es keine Erweiterung der Zollunion und keine Rückkehr deutscher Touristen in dem Umfang wie vor der Krise.

Für Erdoğan zeichnet sich jedoch eine gesichtswahrende Lösung ab, wie Deniz Yücel zumindest aus der Untersuchungshaft entlassen werden kann. Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg entscheidet demnächst über eine Haftbeschwerde von Yücel. ­Geben die Straßburger Richter dieser Beschwerde statt, wird die Türkei die Entscheidung auch umsetzen, versprach jetzt ­Außenminister Çavuşoğlu. Damit wäre Erdoğan dann aus dem Schneider.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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3 Kommentare

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  • Diese "gesichtswahrende Lösung" wäre zwar sehr schön für Deniz Yücel -- und ich hoffe sehr, dass es bald dazu kommt -- allerdings ändert das nichts an der Einschätzung Erdoğans und des AKP-Regimes. Erdoğan hat im vergangenen Jahr so nachhaltig das Prozellan der Demokratie - und schlimmer der Gepflogenheiten des Umgangs von Staaten miteinander - zerschlagen, dass solch eine Geste allenfalls einen Verständigungsprozesses einleiten könnte. Wie kann ein Erdoğan glaubhaft Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit für Menschen und Investitionen aus dem Ausland garantieren? Deutsche und auch andere inhaftierte ausländische Staatsbürger müssten freigelassen werden, Demirtaş und andere inhaftierte oppositionelle Politiker der CHP und der HDP müssten frei gelassen werden, der Friedensprozess mit den Kurden müsste wieder aufgenommen werden und es müsste eine Garantie (und ein internationaler Beistand) in diesem Umkehrprozess geben. Meine Phantasie reicht im Moment nicht so weit, mir das nur ansatzweise vorzustellen. Leider hat Erdoğan in kurzer Zeit ziemlich nachhaltig Vertrauen zerstört und sehr deutlich gezeigt, dass in der Türkei zur Zeit nur ein Gesetz herrscht: Tayyips launische Willkür.

  • Ist doch klar. Nachdem Herr Erdogan von abertausenden seiner Mitbürger Dampf bekommen hat, weil die keinen Bock mehr auf leerstehende Hotels haben.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Und wenn Yücel freikommt, dann ist allles in Butter?

    Dieser Kommentar irritiert mich komplett und ich finde ihn zutiefst zynisch. Derartiges Privilegiertendenken habe ich der taz so ehrlich nicht erwartet. Ich frage nach dem Urteilsvermögen des Verfassers, wenn ich hier lesen muss, dass offenbar ein deutscher Journalist allein so wichtig ist wie die Bewohner eines ganzen Landes zusammen.