Kommentar "Türk Partei": Bedauerlicher Normalfall der Demokratie

Den existierenden Parteien ist es offenbar nicht gelungen, die Bedürfnisse von Einwanderern anzusprechen. Wenn die sich eigene Nischen suchen, ist das bedauerlich. Aber verständlich.

Man könnte nun zum großen demokratietheoretischen Lamento anheben: Eine Ethno-Partei! Wenn das die Väter des Grundgesetzes wüssten! Um die Gefahren einer politischen Willensbildung entlang ethnischer Grenzen heraufzubeschwören, muss man nicht gleich bis nach Afrika blicken, wo viele Verfassungen ethnisch ausgerichtete Parteien verbieten. Die Jugoslawien-Kriege oder das Dauerscheitern des belgischen Staats tuns auch.

Doch Stop! Wer sich in der Demokratie nicht vertreten fühlt, hat das Recht, seinen eigenen Laden aufzumachen. Den Parteien ist es offenbar nicht gelungen, die Bedürfnisse von Einwanderern anzusprechen. Zwar sitzen von der CDU bis zur Linken Migranten in den Parlamenten, aber Entscheidungsträger wie Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) werden nur wenige. Man wird das Gefühl nicht los, die Parteien wollten es bei ein paar Quoten-Türken zur Wählerakquise belassen.

So lange das Gros des Parteienspektrums Integration als Einbahnstraße beschreibt, auf der man den zu Integrierenden jede Menge abverlangen kann, ohne etwas anbieten zu müssen, werden sich die Objekte dieser Politik darin nicht wiederfinden. Vor allem Akademiker nichtdeutscher Herkunft sind zunehmend genervt vom deutschen Alltagsrassismus. Wenn sie sich ihre eigenen Nischen suchen, ist das bedauerlich. Aber verständlich.

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Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

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