Kommentar Trumps Strafzölle: Vorsicht, Falle!
Donald Trump hält sie für Patriotismus. Aber die Strafzölle auf Stahl und Aluminium bergen enormen Sprengstoff zur Spaltung der EU.
E s hat alles nichts genützt. Trotz dringender Warnungen, zuletzt auch von vielen Republikanern, hat US-Präsident Donald Trump die umstrittenen Dekrete für Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte unterzeichnet. Die letzten 140.000 US-amerikanischen Stahlkocher durften dazu klatschen.
Die plumpe Inszenierung im Weißen Haus sollte wohl die „Gefahr für die nationale Sicherheit“ unterstreichen, auf die sich Trump wegen der Billigimporte aus China beruft. Das sei kein Protektionismus, sondern Patriotismus, so die Botschaft.
Doch lassen wir uns nicht täuschen. Auch wenn die markigen Worte und martialischen Gesten einen enormen Sprengstoff bergen. Zunächst mal ist keine Gefahr im Verzug – weder für die USA noch für die EU. Dies ist auch noch nicht der Start in einen neuen Handelskrieg. Die US-Zölle sind nicht exorbitant und treffen zunächst auch kaum europäische Exporteure.
Aber es steht viel auf dem Spiel. Das eigentliche Problem für die Europäer sind die globalen Märkte, die nun Billigstahl nach Europa drücken könnten – und die Politiker, die nach Vergeltung rufen. Wenn die EU überreagiert, dann bekommt sie genau jenen Handelskrieg, den sie eigentlich um jeden Preis vermeiden will.
Junckers ungeschickte Drohgebärden
Insofern waren die Drohgebärden, die EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach Washington schickte, ungeschickt und kontraproduktiv. Er kündigte sogar an, Vergeltung an Levi’s Jeans und US-Whisky zu üben – ein klassisches Eigentor, das auch viele europäischen Verbraucher treffen würde.
Handelskommissarin Cecilia Malmström agiert da wesentlich geschickter. Sie will eine abgestufte Reaktion – und nicht gleich mit dem Holzhammer zurückschlagen. Die EU sollte von den Maßnahmen wie Kanada und Mexiko ausgenommen werden, erklärte Malmström. Und, dass sie weiter das Gespräch suchen will.
Für einen Dialog braucht man allerdings zwei – und Trump stellt sich taub. Statt den Europäern entgegenzukommen, könnte er nun sogar versuchen, die EU zu spalten und zum Beispiel Großbritannien besser zu stellen. Darauf weisen jedenfalls seine gewohnt vieldeutigen Tweets hin. „Wir sind sehr flexibel und sehr kooperativ“, sagt Trump, für „echte Freunde“ seien Ausnahmen von den Zöllen möglich. Das ist ein vergiftetes Geschenk. Nach dem „Shock and awe“, mit dem er die Wirtschaft in Atem gehalten hat, kommt „divide and rule“, teile und herrsche.
Widersinnig, aber nicht aussichtslos
Das könnte eine böse Falle sein. Wenn es Trump gelänge, die EU auseinander zu dividieren, hätte er schon fast gewonnen. In Brüssel heißt es zwar, eine Ausnahme von den Zöllen für ein EU-Land müsse für alle gelten – doch was will man tun, wenn Trump die Briten bevorzugt behandelt?
Schwierig wird es auch, wenn Trump die Kampfzone ausweitet und die deutschen Exportüberschüsse, etwa bei Autos, attackiert. Denn es stimmt ja: Der Handel mit den USA ist nicht ausgewogen, die Einfuhrzölle auf Fahrzeuge made in USA sind in Europa höher als umgekehrt.
Trump agiert ökonomisch widersinnig, aber ein paar Trümpfe hat er schon im Ärmel. Am Ende könnte amerikanischer Stahl-Protektionismus gegen deutschen Auto-Nationalismus stehen. Das wäre das Worst-Case-Szenario für eine Weltwirtschaft, die gefährlich aus dem Ruder gelaufen ist.
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