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Kommentar Trumps Rede zur NationKreide gefressen

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Der US-Präsident gibt sich moderat, doch in der Sache bleibt er spalterisch und hasserfüllt. Er streckt die Hand zu spät und nicht glaubwürdig aus.

So lässt sich Trumps Rede einigermaßen ertragen Foto: reuters

I m Vergleich zu der düsteren Rede von dem „amerikanischen Blutbad“, die Donald Trump bei seinem Amtsantritt vor einem Jahr gehalten hat, und im Verhältnis zu den Attacken, Beleidigungen und Lügen in seinen Tweets, klang seine erste Ansprache zur Lage der Nation geradezu harmlos. Vor dem Kongress kam er am Dienstagabend nicht nur ohne Verbalinjurien aus, sondern streckte sogar den Demokraten seine Hand aus. Er suchte nach „Gemeinsamkeiten“ und danach, die „Unterschiede beiseite zu lassen“. Und hielt sich bei besonders kontroversen Themen wie dem Bau einer Mauer entlang der Südgrenze auffallend zurück.

Für den obersten Spalter im Weißen Haus war das ungewöhnlich und konziliant. Dahinter steckt einerseits, dass ein paar Hardliner, die ihm im vergangenen Jahr die Feder geführt haben, aus dem Weißen Haus verschwunden sind. Vor allem aber ist 2018 ein Wahljahr. Und wenn Trump im November die republikanischen Mehrheiten im Kongress halten will, muss er dafür sorgen, dass der Kongress endlich ein paar gesetzgeberische Erfolge zustande bringt. Und dazu wiederum braucht er sowohl eine geschlossene republikanische Partei, als auch eine gewisse Zusammenarbeit mit den Demokraten.

Republikanische Kongressabgeordnete reagierten erleichtert auf Trumps erste „State of the Union“-Rede. Sie sprangen Dutzende Male aus ihren Sitzen, um zu applaudieren, und brachen mehrfach in lange „U-S-A“-Rufe aus. Für Republikaner, die lange vergeblich darauf gehofft haben, dass Trump endlich seinen aggressiven Wahlkampfmodus und das Zwiegespräch mit seiner rechten Basis hinter sich lässt und einen „präsidalen Ton“ anschlägt, scheint dies der Moment, der alles ändert.

Doch Trump hat nur Kreide gefressen. In der Sache ist er spalterisch und hasserfüllt geblieben. Das zeigen sowohl die Themen, die er am Dienstagabend angesprochen, wie auch jene, die er ausgelassen hat.

So hat er seine geplante Einwanderungsreform mit langen Ausführungen über Bandenmitglieder verbunden, die illegal in die USA gekommen seien. Und anstatt über die gesellschaftliche Verantwortung für Hunderttausende von in den USA aufgewachsenen jungen Einwanderern zu sprechen, brachte er einen Agenten der Ausländerpolizei ICE mit, der auf Abschiebungen spezialisiert ist und lobte dessen „Heldentum“ über den grünen Klee.

Tiefe Risse in der Gesellschaft

Große globale und nationale Ereignisse ignorierte Trump in der als Jahresbilanz gemeinten Rede komplett. Er sagte kein Wort über den Klimawandel und nichts über die gestörten internationalen Beziehungen. Stattdessen drohte er Ländern, die nicht mit den USA in der UNO stimmen, mit finanziellen Konsequenzen, kündigte die Einführung neuer Atomwaffen an und erklärte kategorisch, dass er das Gefangenenlager in Guantanamo weiter benutzen wird. „MeToo“, das größte gesellschaftliche Phänomen seiner bisherigen Amtszeit, erwähnte er nicht.

Damit lassen sich die tiefen Risse, die Trump in seinem ersten Amtsjahr in der US-Gesellschaft verursacht hat, nicht überwinden. Von jenen Demokraten, die am Dienstag zu Trumps Auftritt erschienen sind, waren viele in Schwarz gekleidet, sie klebten in ihren Sitzen, klatschten nur selten und verhalten und buhten Trump stellenweise aus.

Auch die Demokratische Partei ist längst im Wahlkampfmodus. In den Monaten bis zu den Halbzeitwahlen wird sie sich nicht auf die Suche nach Kompromissen mit den Republikanern und mit Trump konzentrieren, sondern darauf, im November Mehrheiten im Kongress zurückzuerobern.

Trumps Versuch, der Opposition die Hand auszustrecken, kam – nach einem Jahr voller Hass – zu spät und zu oberflächlich. Für 800.000 junge „Dreamer“, deren Aufenthaltsgenehmigungen Trump ohne Not beendet hat und die im März zu Papierlosen werden, sieht die Zukunft nach dieser Ansprache zur Lage der Union noch düsterer aus.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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7 Kommentare

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  • Dass in DE über Trump ausschließlich negativ berichtet wird, ist sozusagen ein Alleinstellungsmerkmal der deutschen Medien.

    Mich hätte z.B. schon interessiert, wozu auch die Demokraten applaudierten. Z.B. zu der Ankündigung Trumps, Elternzeit einführen zu wollen.

    Und dass er Guantanamo wie Obama nicht auflöst, nimmt man auch nur ihm übel. Und dass er wie Obama weiterhin fast täglich Dronenmorde anordnet, interessiert ohnehin nicht, weil sich eigentlich kaum etwas geändert hat. Nur bei Obama war das alles ganz toll. Zumindest für die Medien in DE.

    • @Rolf B.:

      Bitte, was die Sache mit Guantanamo betrifft: Natürlich war Obama dabei das Gefangenenlager aufzulösen, auf jeden Fall hat er das Prinzip an sich schon mal in Frage gestellt. Im Gegensatz zu Trump, der bewusst daran festhält. Es stimmt auch nicht, dass für "die Medien in D" Obamas Drohnenmorde "ganz toll" gewesen wären, und nur unter Trump wird das alles kritisiert. Auch von deutschen Medien wurde Obama wegen dieser Praktiken kritisiert, zumindest von kritischen. Kann mich allerdings sehr gut daran erinnern, dass viele Trump-Fans hier der Meinung waren, dass Trump dem Weltfrieden zuträglich sei, weil er sich aus diesen internationalen Scharmützeln heraushalten würde und sich auf USA konzentrieren. Seltsam, dass von allen diesen Fans noch keine entsprechende Äußerung der Enttäuschung kam, wie das im Falle Obamas ja auch war. (Ja, viele waren von seiner Politik enttäuscht und haben das auch so gesagt). Im Falle Trump fällt auf, dass seine Unterstützer jede Kritik wegwischen, egal was da kommt. Liegt das vielleicht daran, dass der typische Trump-Fan weniger zur Reflektion fähig ist?

    • @Rolf B.:

      Vollkommen Richtig

      Wenn heute jemand gewählt wird, ist sofort klar, was er taugt.

      Trump / Schlecht

      Schulz / Gut (Genial)

      Obama / Gut (Genial)

      Kurz. / Schlecht

      Söder / Schlecht

      Macron / Gut (Göttlich)

      usw.

      Müssen heute keine Leistungen mehr gebracht werden, um die Arbeit zu beurteilen ?

      • @Günter Witte:

        Definieren Sie Leistung.

        Und danach: Auf was verzichten Sie um was zu bekommen.

         

        Liste wie?

        Geld / ja gut!

        Freiheit / nicht so...

        Wahrheit / naja!

        Klima / kann man was gegen machen

        Toleranz / wichtig für Zuhörer

        usw.

        • @Tom Farmer:

          Mein Ansatz war, das man nicht im voraus definitiv sagen kann, ob einer eine gute Arbeit macht oder nicht.

          Aber Sie haben recht, unter welchem Kriterien beurteilt man z.B. die Arbeit eines Regierung Chef. Es ist halt absolut nicht möglich, alle Bewohner eines Landes gleichmäßig zufrieden zustellen.

          Aber Politiker, wenn sie nicht der Politischen Richtung entsprechen die man haben möchte, von Haus aus zu verteufeln, ist auch nicht richtig.

          Würde es nicht größe beweisen, wenn man Vorschläge und Ideen der Politischen Konkurrenz, wenn sie besser sind als die eigenen, beachtet und nicht nur verwirft, weil es halt so ist.

          • @Günter Witte:

            "Es ist halt absolut nicht möglich, alle Bewohner eines Landes gleichmäßig zufrieden zustellen." - Aber es reicht natürlich, 35 % der Bewohner eines Landes zufrieden zu stellen.

  • Die Analyse ist mir inhaltlich zu gemäßigt und ich mache mir erst recht Sorgen, wenn hier moderate Anklänge herauszuhören sind.

    Trump hat von einem Teleprompter abgelesen. Von der Rede hat er sicherlich kein Wort selbst geschrieben. Sein Wahlkampfmanagement hat inhaltlich allein danach entschieden, was für eine Wiederwahl taugt bzw. was die GOP max. inhaltlich verträgt und wie das bei der Wählerschaft ankommt.

    Trump bleibt ein Lügner, Spalter, Hetzer und ist ein Menschenhasser (global größer 90 % der Nicht-Weißen, Nicht-US-ler und Arme) und will die USA Richtung Autokratie führen und unterscheidet sich gedanklich nicht von Erdogan oder Putin. Selbts wenn er das nicht "absichtlich" macht, so ist das dennoch das Ergebnis seiner Art und Weise die Welt wahrzunehmen.

    Von Kreise fressen wie der Titel uns sagt sind wir meilenweit entfernt.