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Kommentar Trump über MexikoPolitik für wütende weiße Männer

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Es bleibt dabei: Donald Trump, der republikanische Präsidentschaftskandidat, bedient seine Stammwähler und belügt sie zugleich.

Beschwört ein apokalyptisches Bild der USA: Donald Trump Foto: reuters

D onald Trumps lang angekündigte und mit Spannung erwartete Rede zur Einwanderungspolitik war das bislang traurigste Spektakel des an Tiefpunkten nicht armen US-Wahlkampfes. Jene, die hoffen wollten, dass der 70-Jährige sich zwei Monate vor dem Urnengang ändern und ein wenig in die Mitte bewegen würde, wurden enttäuscht.

Stattdessen hat Trump einmal mehr die radikal-rechte Basis, darunter insbesondere die weißen Globalisierungsverlierer aus den verlassenen Industrieregionen, umworben, die ihn zum offiziellen republikanischen Präsidentschaftskandidaten gemacht hat. Er hat Ängste vor sozialem Abstieg und vor „Fremden“ geschürt, gegen „offene Grenzen“, „illegale Einwanderer“, „kriminelle Ausländer“ und „syrische Flüchtlinge“ gehetzt und sein nationalistisches Bekenntnis „Amerika zuerst“ wiederholt.

Niemand in den USA bestreitet, dass eine neue Einwanderungspolitik nötig ist. Doch wenn Trump darüber spricht, geht es nicht um die elf Millionen rechtlosen Menschen im Land, sondern um den ideologischen Kitt, um das Kernstück seines Wahlkampfes. Die Einwanderer dienen ihm als Sündenbock.

In seinem apokalyptischen Bild eines Landes, das die Kontrolle über sich selbst und über seine Rolle in der Welt verloren habe, macht er sie verantwortlich für die großen Übel: von der Zerstörung „amerikanischer Arbeitsplätze“ über die Morde an „amerikanischen Kindern“ bis hin zum Terrorismus.

Politik für wütende weiße Männer

Trump hatte einen Zehn-Punkte-„Plan“ für seine Einwanderungspolitik angekündigt. Doch was bei seiner Rede unter dem Strich herauskam, ist die Garantie des Status Quo. Mit einem Präsidenten Trump werden die elf Millionen Papierlosen in den USA weiterhin rechtlos und versteckt leben (er droht nicht mehr jedem einzelnen die Abschiebung an, lehnt aber jede Form der „Amnestie“ ab); straffällig gewordene Einwanderer sollen weiterhin abgeschoben werden (wie es in der Amtszeit von Präsident Obama 2,7 Millionen Mal geschehen ist) und es wird die „große Mauer“ nicht gebaut werden – denn weder wird der Kongress zustimmen noch wird Mexiko dafür bezahlen).

Die Globalisierungsverlierer werden ihre gut bezahlten Arbeitsplätze, die in Billiglohnländer verlagert worden sind, nicht zurückbekommen.

Selbstverständlich werden auch die Globalisierungsverlierer ihre gut bezahlten Arbeitsplätze, die in Billiglohnländer verlagert worden sind, nicht zurückbekommen.

Moderate Wähler oder Latinos und Afroamerikaner kann Trump so nicht gewinnen. Aber er hat offensichtlich entschieden, dass er sich auf die wütenden, weißen Männer konzentriert, an die er sich vom ersten Moment seiner Kampagne an gerichtet hat.

Das mag nach einer riskanten Entscheidung klingen und die Umfragen zeigen vorerst, dass er mehrere Prozentpunkte hinter Hillary Clinton zurückliegt. Doch angesichts der unberechenbaren Stimmung in diesem Wahljahr und der Schwächen seiner Gegnerin ist es immer noch möglich, dass dieser Demagoge der nächste Präsident der USA wird.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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11 Kommentare

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  • Trump hält nicht, das was er sagt. Anders als bei anderen Politiker_innen neigt man fast dazu, dies als positive Eigenschaft auszulegen.

    Clinton ist hochgradig korrupt. Sie hatte in ihrer Zeit als Aussenministerin Job, Stiftung und Privateinnahmen in kaum erträglicher Weise miteinander verknüpft.

    Zum Glück stehen nicht nur Clinton und Trump zur Wahl. Bleibt zu hoffen, dass die Wähler_innen in den USA rechtzeitig aufwachen - auch wenn die Medien die weiteren Kandidat_innen totschweigen.

  • Trump liegt in aktuellen Umfragen bei etwa 43 %, Clinton bei etwa 48 % Zustimmung, der Rest der Wähler ist noch unentschlossen. Am Ende werden es wohl etwa 47 % für Trump und 53 % für Clinton als Präsident/in sein. Der Anteil weißer Männer an der Gesamtbevölkerung der USA beträgt etwa 35 %. Selbst wenn sämtliche Männer am Wahltag Trump vorziehen würden, was nicht anzunehmen ist, könnte er damit nicht annähernd 47 % erreichen. Ist es also dann fair, Männer und Weiße ohne Differenzierung global in die rechte Schublade des Mr Trump zu stecken ?

  • Ich glaube Hillary Clinton wäre tatsächlich die schlechtere Wahl, weil sie für extrem aggressive Außenpolitik steht. Sie wurde sogar jüngst von Henry Kissinger in höchsten Tönen gelobt und das spricht wohl für sich.

     

    Natürlich pöbelt sich Trump gerade durch den Wahlkampf und träumt von einer Mauer zu Mexiko (die im endeffekt in Form eines Grenzzaunes längst existiert) oder der Deportation irgendwelcher illegalen Einwanderer aber so ein paar kleinere innenpolitische Ungerechtigkeiten sind die bessere Alternative zu einer Kriegstreiberin die auch schon mal das iranisch Volk als ihre "Lieblingsfeinde" bezeichnet und stolz auf ihre Role im Libyen-Krieg (welchen Obama im nachhinein zurecht als seinen größten Fehler bezeichnet)

  • Auf meta.tagesschau.de möchten heute viele Leute Trump ihre Stimme geben.

  • Was will dieser Mensch mit den orangenen Haaren eigentlich? Macht? Geld? Hat er doch alles...

    • @dani wolf:

      Sehr vernünftige und sympathische Sichtweise.

      Das unstillbare Begehren nach mehr ist aber leider eine maßgebliche Triebfeder unseres Wirtschaftssystems, strahlt nach überall hin aus und richtet die Welt zugrunde.

      Diese Leute, die den Hals einfach niemals voll bekommen, sind die gefährlichsten von allen.

      • @Ruhig Blut:

        Das unstillbare Begehren ist nicht nur die Triebfeder unseres Wirtschaftssystems, sondern die Triebfeder im Menschen überhaupt. Nur lässt es unser Wirtschaftssystem leider nicht nur zu, sondern befördert es darüber hinaus, dass das Trachten nach mehr besonders viel und große Früchte bei jenen trägt, die ohnehin schon reichlich haben.

        • @Nikolaj Nikitin:

          Nö wieso? Viele sind doch zufrieden mit dem was sie haben. Oder sie haben ein Ziel, und wenn sie es erreicht haben ist gut. Anstatt immer mehr, mehr und noch mehr zu wollen. Mit dem mehr meine ich nicht Veränderungen oder Abwechslung, sondern immer mehr vom gleichen. Besitz, Macht, Berühmtheit etc. Sehr klar allerdings scheint mir, dass der Kapitalismus diese unschöne Eigenschaft massiv fördert. Bei Ihrem zweiten Punkt gebe ich Ihnen natürlich völlig recht.

  • Wer hätte etwas anderes erwartet!? Das war absehbar.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Selbstverständlich werden auch die Globalisierungsverlierer ihre gut bezahlten Arbeitsplätze, die in Billiglohnländer verlagert worden sind, nicht zurückbekommen."

     

    Dafür sorgt schon Hillary Clinton:

    https://medium.com/@petercoffin/how-hillary-clinton-undercut-haitian-workers-5fa766161a7a#.gld9kghcq

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Angesichts dieser Optionen werden viele daheimbleiben. Hillary zu wählen wäre dasselbe wie wenn ich Gabriel wählen müsste. Nachdem ich vier Jahre lang gegen seine PRSPD angeschrieben habe. Wäre Trump nicht Oberbefehlshaber, würde ich wohl daheimbleiben. Dass er sich aber aus dem politischen Versagen in einen Krieg flüchtet, halte ich dann doch für zu wahrscheinlich.