Kommentar Telekom-Skandal: Mangel an Ethik
Der Fall Telekom zeigt: Unternehmen schaffen es nicht aus eigener Kraft, sich korrekt zu verhalten. Eine bessere gesetzliche Grundlage für ethisches Management könnte helfen.
Hannes Koch ist Autor der taz.
Unternehmen wollen heute gute Bürger sein. Wie ein "good corporate citizen" zu handeln, nimmt auch die deutsche Telekom AG für sich in Anspruch. Dieser "Unternehmensbürger" ist jetzt vermutlich straffällig geworden. Auch wenn noch nichts bewiesen ist, deutet vieles darauf hin, dass die Firma reihenweise Recht gebrochen hat. Dieser Umstand ist mehr als ein kriminalistischer Einzelfall. Er zeigt, dass es bei der Regulierung der Wirtschaft grundsätzliche Defizite gibt.
Der Anspruch, ein guter Bürger zu sein, ist Teil der Theorie der Unternehmensverantwortung. Da im Zuge der Globalisierung nationale Regierungen weltweit agierenden Konzernen nur noch schwer beikommen können, versuchen beide Seiten, die Regulierungslücke mit neuen Mitteln zu füllen. Deren Wirksamkeit lässt freilich zu wünschen übrig. Fast wöchentlich hören wir von Affären in großen Unternehmen: VW finanzierte Damen für Manager und Betriebsräte, Siemens verwendete Milliardenbeträge für Korruption, Lidl ließ seine Beschäftigten von Detektiven bespitzeln. Gerade unter den großen Konzernen gibt es viele, die vorgeben, gute Bürger zu sein, es in Wirklichkeit aber nicht sind.
Um sich Staat und Politiker vom Halse zu halten, beteuern die Firmenvorstände, freiwillig Wohlverhalten zu praktizieren. Dazu gehört auch, eigene Schutzmechanismen einzurichten, die die Einhaltungen von Ethikstandards und Gesetzen garantieren sollen. Auch bei der Telekom zeigt sich nun wieder: Diese firmeninternen Regelungen versagen oft. Die angestellten Ethikmanager der Telekom konnten offenbar nicht verhindern, dass das Unternehmen Aufsichtsräte und Journalisten systematisch ausspionierte. Und bei Siemens haben die Ethikmanager die Schmiergelder der Einfachheit halber gleich selbst verwaltet.
Zwei Möglichkeiten gibt es, die Unternehmen zu Wohlverhalten zu erziehen. Die Kunden der Telekom könnten den Anbieter wechseln. Aber wohin - kann man Vodafone und anderen Firmen mehr vertrauen? Dann lieber eine bessere gesetzliche Grundlage, die regelt, wie ethisches Management funktionieren soll. Der Selbstregulierung der Firmen kann man es nicht überlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!