Kommentar Teilzeit von Frauen: Das Mantra Wahlfreiheit
Viele Mütter wollen mehr arbeiten. Aber sie finden keine Vollzeitjobs, so das Ergebnis des neuen Fachkräfteberichts der Regierung.
A ls „verschenkte Potenziale“ bezeichnet die Soziologin Jutta Allmendinger Frauen, die hierzulande am Arbeiten gehindert werden. Diese These erfährt mit dem Fortschrittsbericht des Arbeitsministeriums gerade eine weitere Bestätigung: Mehr als die Hälfte der berufstätigen Mütter würde gern mehr arbeiten als die durchschnittlich 18,6 Stunden, die sie jetzt im Job verbringen.
Das muss nicht so bleiben. Dagegen gibt es seit Jahren Widerstände, beispielsweise von Frauen- und Wirtschaftsverbänden. Auch linke PolitikerInnen fordern, dass einmal Teilzeit nicht immer Teilzeit (für Frauen) heißen muss. Auch Andrea Nahles tut das. Jetzt ist sie Ministerin, ausgerechnet in dem Haus, das zuständig ist für Arbeit, Teilzeit und verschenkte Potenziale. Jetzt hat sie die Chance, zu liefern.
Doch sie wird sich darauf einstellen müssen, dass sie Gegenwind bekommt. Nicht nur vom Koalitionspartner, der allein mit dem Betreuungsgeld eine konträre Politik verfolgt. Auch von links darf sie Angriffe erwarten. Auch von Frauen. Wer hierzulande vehement für Vollzeit auch für Mütter plädiert, wird rasch als kapitalismusfreundlich und frauenfeindlich angeklagt.
Dabei besteht kein Widerspruch zwischen linkem Denken, Kapitalismuskritik und weiblicher Vollzeitbeschäftigung. Nur wird das so selten zusammen gedacht. Derzeit gibt es keine Konzepte für eine befriedigende Zeitpolitik. Eine, die vielen Lebensentwürfen gerecht wird. Eine, bei der Frauen sich nicht entscheiden müssen zwischen Familie und Erwerbsarbeit, sondern beides gleichermaßen haben können. Oder zeitversetzt.
Alle wollen das gute Leben. Die meisten mit Job und Kindern, jenseits der traditionellen Muster. Um das zu bekommen, bedarf es der inzwischen so zur Leerformel verkommenden Wahlfreiheit.
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