Kommentar Tagebaustopp: Braunkohle forever
Die Initiatoren der Brandenburger Anti-Tagebau-Kampagne haben sich katastrophal überschätzt und der Energiewirtschaft mit der erfolglosen Kampagne eine Steilvorlage geliefert.
Reiner Metzger ist stellvertretender Chefredakteur der taz
Die Brandenburger haben in einem Volksbegehren über die Braunkohle abgestimmt. Gerade mal gut ein Prozent der Wahlberechtigten hat sich zu einer Unterschrift gegen neue Tagebaue bequemt - mehr als das Dreifache wäre nötig gewesen. Nun beklagen die Initiatoren des Volksbegehrens zu Recht, das Brandenburger Gesetz baue eine hohe Hürde auf, weil man sich nur in den Meldeämtern eintragen könne. Unterschriftensammlungen auf der Straße, wie in anderen Bundesländern üblich, sind verboten. Aber das weiß man doch vorher! Noch nie hat es ein Volksbegehren in Brandenburg bis zur Abstimmung geschafft. Selbst ein emotionales Thema wie Zwangseingemeindungen blieb unter zwei Prozent Wahlbeteiligung.
Die Initiatoren der Kampagne haben sich katastrophal überschätzt. Und dabei stand da kein unerfahrener Ortsverein dahinter, sondern die Grünen, die Linkspartei und einige Umweltorganisationen. Sie haben nun den Braunkohlebefürwortern einen großen Gefallen getan und die Legitimität des Landschaft-Wegbaggerns in Brandenburg bewiesen: 60 oder gar 70 Prozent der Brandenburger stellen sich in Umfragen gegen weiteren Tagebau, gewiss. Doch wie viel ist diesen 70 Prozent ihre Meinung wert, wenn es drauf ankommt? Ergebnis der nun wahrlich von unverdächtiger Seite erbrachten Prüfung: wenig.
Für diese Steilvorlage kann sich die Energiewirtschaft bedanken. Brandenburgs SPD-Ministerpräsident (und ehemaliger Umweltminister) Matthias Platzeck sah darin gleich eine "Unterstützung für die Energiepolitik der Landesregierung": er muss sich jetzt gar nicht erst mit den Profiteuren der Braunkohle anlegen. Für das Klima aber ist das eine Katastrophe. Die Brandenburger werden weiterhin unhinterfragt 20 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr ausstoßen, doppelt so viel wie der Bundesdurchschnitt und Deutschlandrekord. Da bleibt der Umweltbewegung im Lande nur, sich den Braunkohlestaub abzuklopfen und nachzusinnen, wie sie aus dieser Niederlage wieder herauskommt. Mit Volksbegehren jedenfalls wird der Tagebau nicht verschwinden. REINER METZGER
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