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Kommentar Syrische FlüchtlingeZurück ins Körbchen!

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Klar, ihr Syrer hungert da unten. Aber auch für Menschenrechte gibt es Zeitfenster. Ist das so schwer zu verstehen?

Homs, 23. November 2013. Weitere Fotos auf www.facebook.com/LensYoungHomsi. : LensYoungHomsi

H eute schon gelacht? Bitte schön, der aktuelle Running Gag aus Syrien geht so: „100.000 Tote: UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist besorgt. 200.000 Tote: Ban wird traurig. 300.000: Ban wird wütend. Und was macht Ban, wenn alle Syrer tot sind? Eine Konferenz!“

Heute schon gute Nachrichten gehört? Bitte sehr, die nächste UN-Konferenz zu Syrien ist bereits terminiert – auf den 23. Januar. Bis dahin verabschieden sich die Vereinten Nationen in die Winterferien.

Aber hallo: Bei dem viel wichtigeren Problem Iran ist man einen ordentlichen Schritt weiter gekommen. Und Assads Chemiewaffen sollen jetzt im Meer verklappt werden, irgendwie. Bleibt das Massensterben in Syrien, ja. Und es ist unschön, dass nicht mehr nur das Rote Kreuz oder Ärzte ohne Grenzen von einer humanitären Katastrophe sprechen, sondern auch die Mainstream-Presse mehr und mehr Berichte von hungernden und verhungernden Kindern bringt. Gerade erst haben sich Männer erdreistet, einen Löwen aus dem Zoo von Damaskus zu klauen und aufzuessen. Den Tieren geht es auch nicht gut.

Es war einfach der falsche Zeitpunkt für den Aufstand. Da haben sie sich verschätzt, auch für Menschenrechte gibt es Zeitfenster. Syrer, zurück ins Körbchen! Wir, die Menschenrechtserfinder und -verteidiger, wir sind im Stress, es ist bald Weihnachten, und ihr seid echt kompliziert. Die Zeit heilt Wunden, versteht ihr das nicht?

Irgendwie nicht. Irgendwie ergeben sie sich nicht in ihr Schicksal, sondern machen über die Grenze und bringen Unruhe in die Region. Und nach Europa. Da mussten wir dann doch etwas tun: Gleich nach dem ersten Advent werden wir im Mittelmeer Drohnen gegen Flüchtlinge einsetzen. Eurosur heißt das Programm. Das kostet uns zwar viel Geld, aber Frieden hat nun mal seinen Preis.

Dass die flüchtlingssensiblen Deutschen ungerührt bleiben können, dafür trägt die Große Koalition Sorge. In ihrem Vertrag erwähnt sie den „Syrienkonflikt“ zweimal und verspricht, sich im Rahmen der EU für eine Lösung einzusetzen. Heißt, Deutschland wird keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen, 5.000 von den etwa 2 Millionen reichen für die Republik. Um den Rest kümmert sich Eurosur.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.