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Kommentar Sturm auf die US-DenkmälerEin Silberstreif am Horizont

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

In Sachen weißer Vorherrschaft ist Trump sich und seiner Wählerschaft treu geblieben. Charlottesville könnte ein Wendepunkt sein.

Der landesweite Sturm auf Denkmäler, die Rassisten und Verbrecher ehren: eine Initialzündung Foto: dpa

D ass Donald Trump nach dem Terror von Charlottesville nicht willens ist, Neonazis und andere Rechtsradikale als Verantwortliche zu benennen und verantwortlich zu machen, ist widerlich und furchtbar. Es rechtfertigt jede erdenkliche Empörung.

Aber überraschend ist es nicht: Der Mann hat seine ganze Karriere mit Ideen von weißer Vorherrschaft bestritten. Er hat schwarze Mieter diskriminiert, in New York eine Kampagne zur Propagierung der Todesstrafe für fünf fälschlicherweise wegen Vergewaltigung angeklagte schwarze Teenager geführt und seinen Amtsvorgänger acht Jahre lang mit rassistischen Argumenten attackiert. Sein Wahlkampf war die Kondensierung all dieser Ideen zu einem Programm. Und die Besetzung seines Stabs mit nationalistisch orientierten Schlüsselfiguren der Anfang zu dessen Umsetzung.

Wer jetzt also so tut, als habe Donald Trump einfach nur einen Fehler gemacht, der schnell korrigiert werden könnte, der irrt sich. Welchen Sinn könnte eine Trump’sche Kursänderung haben, wie sie jetzt sogar republikanische Stimmen verlangen, wenn der Mann exakt das verteidigt hat, wofür er immer schon stand?

Donald Trump mag eine narzisstische Störung haben. Und er mag außenpolitisch überfordert sein. Aber in Sachen weißer Vorherrschaft ist er sich und seiner Wählerschaft treu geblieben. Das allerdings war und ist auch den Führern der Republikanischen Partei und auch den Industriebossen, die bislang mit ihm eng zusammengearbeitet haben, völlig klar – selbst wenn es schwerfällt, das zuzugeben.

Dennoch zeichnet sich ein Hoffnungsstrahl am Horizont ab. Endlich kommt nämlich auch Kritik aus den republikanischen Reihen; ein weiteres Zeichen sind die massenhaften Rücktritte von Indus­triebossen aus Trumps Beraterstäben. Um weiteren Gesichtsverlust zu vermeiden, hat Donald Trump jetzt die Flucht nach vorn angetreten und diese Beraterstäbe komplett aufgelöst.

Doch das vielversprechendste Zeichen, dass Charlottesville ein Wendepunkt sein könnte, kommt von der Basis. Der landesweite Sturm auf Denkmäler, die Rassisten und Verbrecher ehren, ist Ausdruck davon. Eine Initialzündung, die paradoxerweise von Trump selbst ausgelöst wurde: Er hat den USA den Weg zu einer notwendigen und überfälligen Konfrontation mit der eigenen Geschichte geöffnet.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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11 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Dies Initative mit der Abschaffung der Statuen im öffentlichen Raum ist vielleicht gut gemeint aber am Ende doch nur kosmetischer Natur. Die Statuen abzuschaffen wird wahrscheinlich nur unangenehme kollektive3 Erinnerungen tilgen, nicht aber den instiutionellen und gesellschaftlichen Rassismus gegenüber Schwarze und Indianer welche nachwievor Bürger zweiter Klasse sind.

  • Also in diesem Punkt kann ich mich leider für die vermeintlich gute Position nicht erwärmen. Ich finde es ein Unding, wenn Leute einfach anfangen Selbstjustiz zu betreiben und Vandalismus begehen.

     

    Man muss hier auch berücksichtigen, daß die Statuen auch Menschen etwas bedeuten können, aus den verschiedensten Motiven, die mit Rassismus oder dergleichen überhaupt nichts zu tun haben.

     

    Man stelle sich nur vor, ein Sohn hat hier 1952 unter einer Statue das erste Bier mit dem Vater getrunken.

     

    Es ist vlt ein doofes Beispiel, aber diese Statuen stehen schon so lange und gehören irgendwie auch zu Amerika. Das jetzt alles als den Belzebub zu betrachten finde ich aktionistisch und hemdsärmlig.

    • @Nobodys Hero:

      So lange stehen die da auch nun wieder nicht und 1952 ist da schon gewagt. Die meisten dieser Statuen wurden in den 60ern aufgestellt.

       

      Und hier in Deutschland hat man die Hakenkreuze ja auch nicht ins Museum geschafft.

    • @Nobodys Hero:

      ich glaub zu verstehen was de meinst...

      auch wenn diese Gebilde aus Gründen der Rassenunterdrückung entstanden sind, ist es aus meiner Sicht problematisch mit Zerstörung auf die eigene Geschichte zu reagieren.

      Eher ein Aufarbeiten und Aufklären wäre angesagt.

      Z.b. mit Museen in der sie ausgestellt werden

      • @Pepe le Pew:

        genau, das fänd ich angebrachter. Es ist auch die Art die mich hier stört.

         

        @Christian: daß sie erst in den 60ern erstellt wurden wusste ich nicht. Aber dann lass uns doch das Beispiel auf 1972 übertragen.

         

        Ich bin ein sehr wehmütiger Mensch: Wenn etwas altes wegkommt, was ich aus meiner Kindheit kenne, werde ich wehmütig. Ich kann da auch gar nicht viel gegen tun. Ich vermute, daß es vielen Menschen mit diesen Statuen ähnlich geht, egal welcher Hautfarbe oder Herkunft. Es ist für manche vielleicht auch ein Stück Heimat.

  • "Doch das vielversprechendste Zeichen, dass Charlottesville ein Wendepunkt sein könnte, kommt von der Basis."

     

    Ist das so?

     

    Ich will gar nicht für oder weder Abriss von Denkmälern sprechen - aber ist es wirklich Trumps Basis, also republikanisch geführte Städte und Gemeinden, die nun Soldaten-Statuen entfernt?

     

    Ich finde es schade, wenn dem Leser solche Theorien/Ideen/Betrachtungen angeboten werden, ohne das sie belegt werden.

     

    *** Berichterstattung zu Trump allgemein:

    -------------------------------------------------------------------

    Es ist gefährlich, die eigentlich stattfindende Politik Trumps zu ignorieren, nur um ihn wiedermal als "Dummkopf" hinstellen zu können.

     

    Das mag uns Kritikern und Kopfschüttlern zwar kurzzeitig Befriedigung verschaffen, allerdings bringt uns das auch nicht wirklich weiter.

     

    Es ist doch inzwischen klar, das er der Presse immer wieder "Zankäpfel" hinwirft, damit unbeobachtet im Hintergrund seine Agenda durchgesetzt werden kann.

     

    Ich wünsche mir daher mehr Artikel, die sich mit den Anordnungen und Einflüssen seiner Administrationsmitglieder beschäftigen:

     

    Was machen eigentlich ...

    - Betsy DeVos: Bildungsministerin

    - Ben Carson: Minister für Wohnungsbau

    - Carl Icahn: Berater für Regulierungsfragen

    - Peter Navarro: Leiter des nationalen Handelsrats

    - Rudy Giuliani: Berater für Cybersicherheit

    - Sonny Perdue: Landwirtschaftsminister

    - Jeff Sessions: Justizminister

    - Nikki Haley: UN-Botschafterin

     

    Welche Umbauten nehmen sie an den staatlichen Strukturen vor?

    Welche Mitarbeiter setzen sie ein bzw entlassen sie?

    Welche Gespräche führen sie mit welchen Wirtschaftsvertretern und -entscheidern?

    Welche Anordnungen erlassen sie, bzw. welche Entscheidungen treffen sie im Tagesgeschäft ihrer Behörden?

     

    Danke!

  • Der Wunsch als Mutter des Gedankens. Journalistik sollte eigentlich nicht der Selbstbestätigung dienen.

     

    Stellen wir uns einfach mal vor, wenn in Deutschland seitens linker Aktivisten

    die Denkmale irgendwelcher Herzöge, Bismarktürme oder so Zeug neidergerissen werden...

     

    Welche Reaktion zeigt dann wohl der überwiegende Rest der Bevölkerung, ganz gleich ob links oder rechts?

    • @Frank Erlangen:

      Bismarck-Denkmäler wurden in DE sowohl von den Nazis als auch von den Sozialisten entfernt.

       

      Hitler-Büsten und sonstige Nazi-Stilisierungen wurden nach 1945 konsequent geschleift.

       

      Der Berliner Lenin wurde 1991 abmontiert.

       

      Mit dem Irak-Krieg wurde Saddam Husseins Statue in Bagdad gestürzt.

       

      Wie das Aufstellen und bewahren von Statuen geschichtliches Dokument und Manifestation von gesellschaftlicher Veränderung sind, ist auch deren Abriss ein geschichtlicher Vorgang und Manifestation von gesellschaftlicher Veränderung.

       

      Mit der Entfernung eines Denkmals verschwindet es nicht aus den Köpfen oder dem historischen Gedächtnis.

       

      Der Kontext wird schlichtweg um dessen Entfernung ergänzt.

       

      Da gibt es also auch kein "richtig" oder "falsch".

       

      Wenn die US-Gesellschaft nun ihr Erbe an Sklaverei und indigenen Massenmord aufarbeiten will, tut sie das hoffentlich aufrichtig.

       

      Wir sprechen nicht von "Momenten", sondern von "Prozessen".

       

      Mann muss noch ein paar Jahre oder Jahrzehnte abwarten, um zu herauszufinden, ob die Aufarbeitung gelingen wird und welchen Anteil daran die abgerissenen Konförderierten-Denkmale haben werden.

       

      Klar ist: Die Geschichte der USA wird damit nicht verfälscht. Sie besteht auch weiterhin, sie wird nur womöglich neu betrachtet.

    • @Frank Erlangen:

      Die Analogie wären ja eher das Entfernen von Denkmälern von Politikern wie z.B. Hindenburg, Hitler oder Karl Marx und Lenin, und das findet natürlich auch hier statt. Natürlich hat das was mit kultureller Dominanz und geschichtlicher Marginalisierung zu tun - es ist aber nicht immer und in jedem Fall schlecht für die Gesellschaft. Ja man muss sich auch an unangenehmes erinnern, ein Denkmal kann durch Kontextänderung zum Mahnmal werden, aber sicherlich ist die Abschaffung von Schlüsseldenkmälern auch ein Ausdruck gesellschaftlicher Entwicklung - wenn die Gesellschaft damit demokratisch legitimiert ein Zeichen setzen will. Es kommt auf den Einzelfall und den Kontext an, man kann hier keine allgemeinen Regeln aufstellen. Wichtig ist, dass es nicht einfach gemacht wird wird, sondern das Ergebnis eines breiten Diskurses ist.

      • @hup:

        Was ist mit Washington? Der hatte auch Sklaven.

         

        Und das Karl-Marx-Monument in Chemnitz ist ja auch ein Schlüsseldenkmal, oder?

         

        Wie würden eigentlich linke Aktivisten reagieren, würde Stadtrat das Ding sprengen lassen wollen?

      • @hup:

        Nachsatz: Das/Die Denkmal/e der Konföderierten-Generäle im Süden der USA, bzw. Charlston, werden nicht von linken Aktivisten niedergerissen, sondern auf Beschluss des Stadtrates, also demokratisch legitimiert entfernt. Ganz undramatisch. Die white Supremacists wollen dieses Votum aber nicht hinnehmen und die linken Aktivisten stellen sich hier nur hinter die demokratischen Gremien der Counties und Städte. Damit ist auch legal "recht" und "unrecht" sehr gut sortiert und zuweisbar. Und demonstrieren durften sie ja, nur haben die Rechten ihr Demonstrationsrecht für eine Nazi-Freakshow und Mordaktion missbraucht. Hier gibt es keine "Many Sides", die Lage ist klar, und auch von wem hier die Gewalt ausging, auch wenn die Linke nicht wie Jesus die andere Wange hingehalten, sondern gegebenenfalls auch zurück (!) geschlagen hat.