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Kommentar Strom aus BraunkohleDas Problem der SPD

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Im Bund steht die SPD für die Energiewende. In Brandenburg und NRW hält sie aber an der Kohle fest. Sie muss sich bald entscheiden.

Beides geht irgendwie nicht: Kohle oder Klima. Bild: dpa

D ie Zahlen sind alarmierend: Obwohl die erneuerbaren Energien wie geplant wachsen, steigt in Deutschland der Ausstoß des Treibhausgases CO2 aus der Stromerzeugung seit Jahren wieder an. Mit dem Atomausstieg hat das – anders als von interessierten Kreisen gern behauptet wird – nichts zu tun.

Der Strom aus den seit dem Jahr 2010 abgeschalteten Reaktoren ist komplett durch Wind, Sonne und Biomasse ersetzt worden. Die verstärkte Nutzung von Braun- und Steinkohlekraftwerken beruht hingegen allein auf der Verdrängung der umweltfreundlicheren, aber teureren Gaskraftwerke – und auf dem Export von deutschem Strom ins Ausland, der 2013 einen neuen Rekord erreichte.

Verantwortlich für den Erfolg der Kohle ist vor allem der Zusammenbruch des europäischen Emissionshandels: Seit der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 sind zu viele CO2-Zertifikate auf dem Markt, was den Preis dramatisch sinken ließ. Der beschlossene, einmalige Eingriff in den Markt, das sogenannte Backloading, wird nicht ausreichen, um das Problem zu lösen.

Weitergehende Maßnahmen auf EU-Ebene scheinen derzeit kaum realistisch. Deutschland muss darum endlich auch auf nationaler Ebene gegen den Kohleboom vorgehen. Möglich ist das sowohl durch eine Verteurung des Kohlestroms über die Energiesteuer als auch über das Ordnungsrecht.

Die SPD, die in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg bisher einen harten Kurs pro Braunkohle gefahren ist, steht damit vor einem Problem. In Wirtschafts- und Umweltministerium verantwort sie auf Bundesebene nun die Energiewende und die deutschen Klimaziele – und erlebt nun, dass sich diese mit der bisherigen Parteilinie nicht vereinbar sind. Kohle oder Klima: Die Sozialdemokraten müssen sich bald entscheiden, was ihnen wichtiger ist.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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7 Kommentare

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  • AU
    Andreas Urstadt

    ps

     

    Umweltverschmutzung unterliegt in Deutschland einer Anaesthetik. Man sieht sie nicht und haelt sie daher fuer gering und faellt auf chinesische Bilder rein, wonach Verschmutzung in China ganz hoch sein muss, waehrend Deutschland die Hammerzahlen an Treibhausgasausstoss usw inkl megahoher Braunkohleverbrauch produziert, dessen Auswirkungen auch aesthetisch so unsichtbar sind wie Radioaktivitaet.

     

    D h Merkel ist NICHT aus der oekologischen Anaesthetik ausgestiegen, die SPD auch noch nicht, da das Bild wichtiger ist als die Realitaet.

  • AU
    Andreas Urstadt

    Wie devot einfach vermischt, Deutschland hat den hoechsten Braunkohleverbrauch, stand nun ueberall zu lesen, die Dauerlitanei auch in der taz hiess China. Man wirds in zwei Wochen wieder angestrengt behaupten.

     

    Man kann hier unzaehlige Kommentare bringen ueber Nachhaltigkeitskoeffizienten, es bleibt folgenlos. China und Indien verbrauchen pro Jahr 0,8 Erden (bei einer Erde herrscht minus/plus null Nachhaltigkeit. D h Indien und China liegen im Nachhaltigkeitsbereich. Deutschland verbraucht ueber drei Erden (die USA fuenf) pro Jahr, da ist gar nichts mehr nachhaltig und nur noch daemliches Gequatsche.

     

    Mit Klimaschaeden, siehe USA aktuell, schlimmer als Geheimdienstausstoss ist offenbar Schadstoffausstoss. In zwei Wochen war alles wieder China.

  • A
    Alreech

    Klingt logisch, das die AKws durch Solar- und Windstrom ersetzt worden sind.

    Schließlich scheint die Sonne 24 Stunden am Tag, und auch der Wind lässt nie nach.

     

    Und anders als der Strom aus Kohlekraftwerken die zur Mittagszeit besonders viel Strom produzieren wird Wind- und Solarstrom nicht exportiert, da die Elektronen aus Wind und Solarstrom zu groß für die ausländischen Netze sind.

     

    Zum Glück gibt es solche Artikel, die jeden Zweifel am Erfolg der Energiewende ausräumen !

  • @Gast

    Sicher, Kohlekraftwerke sind nicht so leicht regelbar wie Gaskraftwerke.

    Nur, je seltener ein Kohlekraftwerk rauf und runter gefahren werden muss, d.h. je mehr mehr Betriebsstunden es am Stück durchlaufen kann, desto weniger ist die dadurch entstehende Überschussproblematik von Gewicht. In der Technik ist es einfach so, dass über lange Zeit am Stück, d.h. kontinuierlich durchlaufende Prozesse insgesamt stabiler und leichter zu steuern sind und damit letztendlich auch wirtschaftlich sinnvoller sind, als Prozesse die ständig rauf und runter gefahren werden, wie z.B. Windstrommühlen in schlechten Windlagen. Aufwendig Regelungstechnik und nötige Reservekapazitäten machen eine Sache erst richtig teuer.

  • Und hier muss mal wieder mit einem Irrtum aufgeräumt werden, nämlich dem der "umweltfreundlichen Gaskraftwerke".

    Es stimmt zwar, pro erzeugter Kilowattstunde Strom stossen Gaskraftwerke weniger CO2 aus, aber das ist nur die halbe Miete.

     

    Wo kommt das Gas denn her ? Zum gössten Teil aus Russland.

     

    Und genau da liegt das Problem; dort wird das Gas noch grossenteils mit alter Sowjettechnik gefördert, also mit undichten Rohren, Ventilen usw. und da wird jede Menge Erdgas in die Atmosphäre geblasen.

    Bis zu 6% des Gases landet ab russischer Förderstelle nicht im deutschen Gaskraftwerk, sondern in der Atmosphäre !

    Wenn man dann noch berücksichtigt, dass der Hauptbestandteil des Erdgases aus Methan besteht, was 25-100 mal klimaschädlicher ist als CO2, dann wird ein Gaskraftwerk, sofern es mit russischem Erdgas läuft, ganz schnell zum Klimakiller.

    Zum anderen werden in Russland in grossem Stil gerade Industriebetriebe und Kraftwerke von Erdgasfeuerung auf Kohle umgestellt, weil der russische Staat über seine Staatsfirma das Gas lieber für Devisen nach Westeuropa exportieren will, anstelle es preiswert der eigenen Wirtschaft zur Verfügung zu stellen.

    Ich weiss das aus eigener Anschauung; ich reise im Januar als technischer Ingenieur zur Inbetriebnahme eines Zementwerks an die obere Wolga. Der Betreiber will sein Werk, ursprünglich für Gasfeuerung gebaut, auf Kohle umstellen, weil ihm das Gas zu teuer georden ist.

    Das ist die Realität, und das sollte auch mal die taz-Redaktion etwas genauer recherchieren, bevor sie weiterhin den wahrheitswidrigen Blödsinn der "umweltfreundlichen Gaskraftwerke" verbreitet.

    • G
      Gast
      @Tortes:

      @Tortes

       

      Im Punkt der Klimaschädlichkeit von Gas im Vergleich zu Kohle betrifft, so liegen diese je erzeugte KWh tatsächlich im ähnlichen Bereich.

       

      Was Sie jedoch auch berücksichtigen müssen, ist die schlechte Regulierbarkeit, insbesondere von Braunkohlekraftwerken. So müssen bei starkem Angebot (selbst bei vorhandenen Netzen) immer noch Ökokraftwerke abgeschaltet (und dennoch vergütet) werden, da die fossilen Kraftwerke nicht genügend herunter geregelt werden können. Dadurch entsteht der "Schmutz" nicht im Vergleich der Erzeugung je KWh, sondern vermehrt und in Zukunft immer mehr durch unnötig erzeugte fossile KWh, die man hätte sparen können, wenn der mögliche Ökostrom komplett hätte abgerufen werden können.

       

      Dadurch wird doppelt gezahlt, entweder durch die unnötige Klimabelastung der nicht regulierbaren KWh oder durch die doppelte Kompensation des nicht absetzbaren Ökostroms.

  • Und hier muss mal wieder mit einem Irrtum aufgeräumt werden, nämlich dem der "umweltfreundlichen Gaskraftwerke".

    Es stimmt zwar, pro erzeugter Kilowattstunde Strom stossen Gaskraftwerke weniger CO2 aus, aber das ist nur die halbe Miete.

     

    Wo kommt das Gas denn her ? Zum gössten Teil aus Russland.

     

    Und genau da liegt das Problem; dort wird das Gas noch grossenteils mit alter Sowjettechnik gefördert, also mit undichten Rohren, Ventilen usw. und da wird jede Menge Erdgas in die Atmosphäre geblasen.

    Bis zu 6% des Gases landet ab russischer Förderstelle nicht im deutschen Gaskraftwerk, sondern in der Atmosphäre !

    Wenn man dann noch berücksichtigt, dass der Hauptbestandteil des Erdgases aus Methan besteht, was 25-100 mal klimaschädlicher ist als CO2, dann wird ein Gaskraftwerk, sofern es mit russischem Erdgas läuft, ganz schnell zum Klimakiller.

    Zum anderen werden in Russland in grossem Stil gerade Industriebetriebe und Kraftwerke von Erdgasfeuerung auf Kohle umgestellt, weil der russische Staat über seine Staatsfirma das Gas lieber für Devisen nach Westeuropa exportieren will, anstelle es preiswert der eigenen Wirtschaft zur Verfügung zu stellen.

    Ich weiss das aus eigener Anschauung; ich reise im Januar als technischer Ingenieur zur Inbetriebnahme eines Zementwerks an die obere Wolga. Der Betreiber will sein Werk, ursprünglich für Gasfeuerung gebaut, auf Kohle umstellen, weil ihm das Gas zu teuer georden ist.

    Das ist die Realität, und das sollte auch mal die taz-Redaktion etwas genauer recherchieren, bevor sie weiterhin den wahrheitswidrigen Blödsinn der "umweltfreundlichen Gaskraftwerke" verbreitet.