Kommentar Streik der Lokführer: Die Bahn macht immobil
Der gängige Vorwurf heißt, Spartengewerkschaften kämpfen nur um die eigenen Privilegien. Auf die Lokführer bezogen, greift das zu kurz.
G inge es nur ums Geld, wäre es einfach. Die Lokführer der Deutschen Bahn wollen – wie viele Arbeitnehmer – mehr Geld und weniger Arbeit, und um dieses Ziel zu erreichen, greifen sie zu dem Mittel, das wirksam und grundgesetzlich geschützt ist: Streik. Am Ende einigen sie sich auf mit der bundeseigenen Bahn auf einen Kompromiss, und die Kundschaft wird einige Zeit nicht mit Streiks belästigt. Aber so einfach ist die Lage bei der Bahn nicht. Und schuld daran sind alle Beteiligten.
Der Lokführergewerkschaft GDL geht es nicht nur um mehr Geld – sie will vor allem ihre Macht im Konzern ausdehnen und für weitere Berufsgruppen, etwa Schaffner oder Speisewagenmitarbeiter, mitverhandeln. Insofern geht auch der gängige Vorwurf an Spartengewerkschaften, sie kämpften nur für eigene Privilegien, ins Leere: Zugbegleiter und Bordrestaurantkräfte sind nicht gerade privilegiert; sie dürften sich eine starke Gewerkschaftsvertretung wünschen. Diese hat die konkurrierende Eisenbahnergewerkschaft EVG jahrelang vermissen lassen – anders ist der Erfolg der GDL nicht zu erklären.
Jetzt zu hoffen, dass die Bundesregierung die Tarifeinheit per Gesetz vorschreibt, ist reichlich hilflos. Auch die Bahn sollte sich nicht darauf verlassen. Denn so ein Gesetz ist heikel: Es soll festschreiben, dass in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag gilt, nämlich der, den die größte im Betrieb vertretene Gewerkschaft aushandelt.
So sympathisch es klingt, dass einzelne exponierte Berufsgruppen nicht mehr auf Kosten der anderen Pfründen einheimsen, so unschön wären die Folgen: die Beschneidung der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts der Arbeitnehmer. Das können Gewerkschafter nicht wollen, und deshalb wird sich das Gesetzgebungsverfahren hinziehen. Diese Zeit nutzt die GDL, um Fakten zu schaffen.
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