Kommentar Steuerquote: Liberale Lieblingslüge
Die FDP rechnet sich die Welt, wie sie ihr gefällt. Die Steuerquote ist derzeit nicht höher als zu so manchen Zeiten, in denen sie mitregierte.
D ie Liberalen sind empört. In Deutschland ist die Steuerquote gestiegen! 2018 betrugen die Steuern schon 22,8 Prozent der Wirtschaftsleistung – 0,4 Prozentpunkte mehr als 2017! Diesen vermeintlichen Skandal hat die FDP aufgedeckt, indem sie das Lieblingsinstrument der Opposition nutzte: die kleine Anfrage.
Brav hat das Bundesfinanzministerium die Steuerquote von 2018 herausgerückt, und jetzt tingelt die FDP damit durch die Medien, um einmal mehr ihre Lieblingsbotschaft zu untermauern: Die Steuern müssen runter, und zwar besonders für die sogenannten Leistungsträger.
Die FDP bemüht die Steuerquote gern und häufig, um die angebliche Überlastung der Reichen zu bestöhnen. Denn der Trend scheint so hübsch eindeutig zu sein: Als Merkel 2005 zur Kanzlerin wurde, da lag die Steuerquote bei 19,6 Prozent – und jetzt sind es 22,8 Prozent. Wenn das keine rasante Steigerung ist!
Doch die steigende Steuerbelastung gibt es nicht, stattdessen bemüht die FDP den beliebten Trick „Lügen mit Zahlen“, indem sie nur die Jahre auswählt, die ihr ins Konzept passen. Ein Beispiel für diese Verdrehung der Realität: 2013 lag die Steuerquote bei 22,9 Prozent, also höher als heute, und wer hat damals regiert? Genau, die FDP.
Die Wahrheit ist banal: Die Steuerquote ist seit Jahrzehnten weitgehend stabil; allerdings schwankt sie mit der Konjunktur. Es ist daher perfide, dass die FDP das Jahr 2005 herauspickt, um ihren Trend zu konstruieren. Die Steuerquote lag damals bei relativ niedrigen 19,6 Prozent, weil die Wirtschaft schwächelte und es Millionen von Arbeitslosen gab, die naturgemäß keine Steuern zahlten. 2018 hingegen brummte die Wirtschaft, es herrschte fast Vollbeschäftigung und die Unternehmen machten Gewinne. Also stieg die Steuerquote leicht.
Mit dem FDP-Methoden ließe sich auch ganz leicht zeigen, dass die Steuerquote immer dann am höchsten ist, wenn die FDP regiert. Der „Beweis“: Die Steuerquote erreichte mit 23,1 Prozent ihre Spitze im Jahr 1965. Und wer hat mitregiert? Natürlich die Liberalen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient