Kommentar Steinmeier in Israel: Falscher Ansprechpartner
So sehr sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch bemüht hat, die Scherben aufzufegen: Das deutsch-israelische Verhältnis bleibt belastet.
D er diplomatische Eklat mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel liegt hinter uns, kommentierte ein israelischer TV-Journalist den Besuch des deutschen Bundespräsidenten – ein vorschnelles Urteil. Denn so redlich, wie sich Frank-Walter Steinmeier auch bemüht hat, die Scherben des zerschlagenen Geschirrs wieder aufzufegen, so deutlich ist doch, dass die Meinungsunterschiede bestehen bleiben.
Mit viel Feingefühl, demonstrativ gutem Willen und Bewunderung für die vom leidenschaftlichen Streit geprägte jüdische Kultur fordert Steinmeier zum Gespräch auf. Er hat die Hand zur Versöhnung ausgestreckt und ist in Sorge um die Beziehungen der beiden Staaten. Mehr Brücken bauen kann keiner von ihm erwarten.
Doch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bleibt stur bei seiner Haltung. Auf Israels Soldaten lässt er nichts kommen, koste es, was es wolle. Die Botschaft ist an die eigene Bevölkerung gerichtet, die trotz 50 Jahren Besatzung und damit einhergehender Menschenrechtsverletzungen festhält am selben Konzept: junge Leute in Uniformen zu stecken, damit sie ausziehen, um die jüdischen Siedlungen auf palästinensischem Land zu bewachen. Die rechten Wähler werden es Netanjahu sicher danken.
In Israel heißt es, dass man den Kuchen nicht essen kann und gleichzeitig ganz lassen. Netanjahus innenpolitischer Schachzug birgt Gefahren auf außenpolitischem Parkett. Deutschland ist Israels wichtigster Partner und Fürsprecher in Europa. Noch im Mai will US-Präsident Donald Trump in den Nahen Osten reisen mit dem Ziel, dem Friedensprozess neues Leben einzuhauchen. Netanjahu wäre gut beraten, sich nicht nur auf Trump zu verlassen, der heute das eine sagt, um morgen das andere zu tun. In Berlin beizeiten reinen Tisch zu machen, dazu gibt es für den israelischen Regierungschef keine Alternative. Nicht Steinmeier ist dabei Netanjahus Ansprechpartner, sondern Außenminister Gabriel.
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