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Kommentar Stalking-GesetzNeue Lücken

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Das bisherige Stalking-Gesetz ist kaum wirksam. Die geplante Verschärfung ist deshalb sinnvoll, führt aber zu weiteren Unsicherheiten für Opfer.

Nur 236 Stalker wurden 2013 verurteilt Foto: dpa

S talking ist kein Kavaliersdelikt und auch kein Ausdruck eines Mimosenstrafrechts. Wer andere hunderte Mal unerwünscht anruft, ihnen ständig auflauert, sinnlose oder peinliche Waren für sie bestellt, betreibt Psychoterror und kann Menschen fertigmachen.

Die 2007 eingeführte Strafbarkeit des Stalking läuft derzeit aber noch weitgehend leer. Im Jahr 2013 wurden nur 236 Täter verurteilt, obwohl es laut Kriminalstatistik 19.775 Tatverdächtige gab. Das zeigt zum einen, dass die Strafvorschrift ganz sicher nicht exzessiv angewandt wird, was bei ihrer Einführung manche unter den Liberalen befürchteten. Eine Verurteilungsquote von rund einem Prozent ist aber doch so gering, dass es sich lohnt, den Strafparagrafen näher zu betrachten.

Und tatsächlich scheitert die Verurteilung oft daran, dass das Opfer sich dem Terror des Täters nicht beugt und sein Verhalten nicht ändert. Das unbeugsame Opfer leidet damit am Ende oft mehr als derjenige, der ausweicht und versucht, sich unsichtbar zu machen.

Trotzdem führt die Standhaftigkeit heute dazu, dass der Stalking-Paragraf nicht greift, weil er einen Erfolg voraussetzt. Der Täter kann sich durch den Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens dann sogar noch ermutigt fühlen. Gut, wenn das künftig geändert wird.

Aufforderung an Stalker

Unverständlich ist aber, dass Justizminister Maas als Ausgleich die möglichen Tatmodalitäten auf vier ausdrücklich benannte eingrenzen will (unter anderem das beharrliche Anrufen und Bestellen von Waren). Die bisherige Generalklausel, die auch „andere vergleichbare Handlungen“ erfasste, soll entfallen.

Das ist geradezu eine Aufforderung an Stalker, Gesetzeslücken zu suchen. So wäre etwa das Schalten von Todesanzeigen oder das Beschmieren des Fahrzeugs mit Kot nicht mehr erfasst. Wer diese Lücke im Gesetz öffnet, meint es mit dem Schutz der Opfer nicht wirklich ernst.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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2 Kommentare

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  • Nicht nur bei Stalking ist die Verurteilung bzw. das Strafmaß erheblich vom vorhergehenden Erfolg der Straftat abhängig. Das gilt besonders in Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung und in Betrugsfällen, wo der Straftatserfolg in der Realität auch maßgeblich von Zufälligkeiten abhängig ist. Weil sich die Gerichte bei der Strafzumessung sogar schwerpunktmäßig an derartigen Zufälligkeiten orientieren, ergibt es sich zwangsläufig, daß auch die Urteile nicht tatabhängig sondern zufallsabhängig sind.

    Hier sehe ich die Politik in der Pflicht.

  • Es wäre interessant, warum die übrigen 99% der Verfahren eingestellt werden. Gibt es eine Einstellung gegen Auflage - was ja eine Vorform der Verurteilung ist und daher ihren Zweck durchaus erreicht? Gibt es Anzeigen, bei denen die Stalking-Anzeige als Waffe gegen Expartner_innen benutzt wird - so z.B. wenn Väter ihre ihnen widerrechtlich entzogenen Kinder sehen möchten? Gibt es falsche Vorstellungen, was Stalking ist und deswegen viele Anzeigen, die leer laufen müssen? Gibt es Defizite bei der Polizei und Staatsanwaltschaft? Und schliesslich, wo liegt es tatsächlich daran, dass der durch das Stalking verursachte Schaden nicht manifest genug geworden ist um zu verurteilen.

    So hängt das Thema in der Luft. Jede® hat da ihre eigene Vorstellungen davon, wo jemand sich zu recht oder zu unrecht über Stalking beklagt und nach staatlichen Sanktionen ruft.