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Kommentar Spahn und MigrationspaktProfilierung um jeden Preis

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

„Ich liebe Vielfalt“, hat Jens Spahn einmal gesagt. Und nun, da sich etwas bewegt, stellt er selbst den kleinsten gemeinsamen Nenner zur Diskussion.

Jens Spahns Strategie lässt Übles befürchten Foto: reuters

Notfalls unterzeichnen wir eben später.“ Dieser Satz von CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn soll maximale Kommunikationsbereitschaft an seine Parteibasis signalisieren. Die Botschaft des Kandidaten auf den CDU-Vorsitz lautet: Ich bin so dermaßen euer Mann, für eure Stimme schrotte ich selbst internationale Verträge.

Vordergründig geht es Spahn um den UN-Migrationspakt. Das Dokument wird seit 2016 verhandelt, es soll Mitte Dezember, also nach dem Hamburger Wahlparteitag der CDU, verabschiedet werden. 192 Staaten verständigen sich in dem Dokument auf Regeln „für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“. Jens Spahn aber findet, dass die betroffenen MigrantInnen ruhig noch ein bisschen warten sollen. Und zwar so lange, bis eine deutsche 420.000-Mitglieder-Partei wirklich alles restlos ausdiskutiert hat. Also nie.

Der schwächste der drei CDU-KandidatInnen versucht mit dieser Hinhaltetaktik das Naheliegende zu erreichen: Abgrenzung von Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz. Jens Spahn, der harte Hund aus dem Münsterland, versucht, das abgelatschte Migrationsthema noch einmal gewinnbringend aufzuwärmen. Doch nicht nur ihm müsste klar sein, dass diese Strategie weit hinter seinem eigenen Anspruch zurückbleibt.

Als rebellischer Abgeordneter hat Spahn zig Mal gefordert, dass die Politik das Thema Migration pragmatisch und human lösen müsse. „Ich will die offene Gesellschaft, ich liebe Vielfalt“, hat er im taz-Interview einmal gesagt. Und nun, da sich etwas bewegt, stellt er selbst den kleinsten gemeinsamen Nenner zur Diskussion. Aufmerksamkeit um jeden Preis, auch um den der Menschlichkeit.

Diese Strategie lässt Übles befürchten. Im Moment scheint es alles andere als wahrscheinlich, dass der nächste CDU-Vorsitzende Jens Spahn heißen wird. Aber vielleicht ist es schon in zwei, in vier Jahren so weit. Spahn, Jahrgang 1980, hat etwas, was Merz und Kramp-Karrenbauer fehlt: jede Menge Zeit. Die nutzt er, um sich politisch und kommunikativ auszuprobieren, und sei es auf Kosten jener, die globalpolitische Entscheidungen am nötigsten haben.

Beim Parteitag wird man begutachten können, wohin sich die CDU bewegt. Die Vorsitzende, die seit 18 Jahren die Partei führt, tritt ab. Merkels NachfolgerIn wird einen neuen Ton, einen eigenen Zugang zu den Delegierten finden müssen. Schaut man sich die überaus muntere erste Regionalkonferenz an, scheint der Fokus eher auf Sachpolitik denn auf billigen Effekten zu liegen.

Der UN-Migrationspakt: Der vollständige Vertragstext – kommentiert von ExpertInnen für Migration.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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7 Kommentare

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  • Ich weiß nicht, ob ich es in einem Kommentar der taz, oder einer anderen Zeitung gelesen habe.



    Dort ging es um die 3 Bewerber die Chancen auf den Parteivorsitz haben.



    (Es ist schon eine Weile her, damals hatte Anngret Kramp-Karrenbauer noch nicht offiziell ihre Kandidatur verkündet und Armin Laschet wurde noch als möglicher Mitbewerber genannt.)



    Dort hieß es über Spahn: "Er ist jung und hat noch viel Zeit. Er sollte seine Kandidatur schnell und leise zurückziehen. Denn gegen Merz und AKK hat er kaum eine Chance und wenn er scheitert, wird ihm das lange anhängen."



    Nun, das hat er ja nun grandios versemmelt mit dem Warten.

    Aber es gilt für mich, was ich meistens denke: Was Jens so sagt, sollte er sich Sparn

  • Hat die taz endlich #ausgeSpahnt ?

    Auf den ersten 12 Stellen der "ich-bin-schon-dabei"-taz breitet Jens Spahn, der Spitzenkandidat fürs höchste CDU-Amt, dreimal seine beschwörenden Arme aus und warnt seehofergleich vor den weltweit nach Deutschland ziehenden Flüchtingsmassen.

    Mag sein, dass er sich dabei erst für spätere Rechtskoalitionen als Kanzlerkandidat der Law-and-Order-Deutschen rechtzeitig in Stellung bringen will.

    Aber einen neuen Dauer-Quassler, der ohne Ende die Herkunft "aller Probleme" thematisiert, brauchen weder die Union noch die 88% Wähler, die nicht bei der AfD ihr Kreuz gemacht haben.

    Wenn die Menge der publizistischen Heerscharen auch auf das ewige Flüchtlingsgeschrei hereinfällt, sollte doch die taz diese durchsichtige, langfristig angelegte Werbekampagne des Möchtegernkanzlers vorerst am besten den Spaßvögeln von der Wahrheit-Seite überlassen.

  • Ja Frau Maier ! Sie sehen es und sagen es !



    "Spahn, Jahrgang 1980, hat etwas, was Merz und Kramp-Karrenbauer fehlt: jede Menge Zeit. Die nutzt er, um sich politisch und kommunikativ auszuprobieren, und sei es auf Kosten jener, die globalpolitische Entscheidungen am nötigsten haben."



    --------------



    ..und gleichzeitig `springt´der junge Herr Spahn auf den rechtspolitischen Zug der Rhetorik`stagnativer Angstmache´im AfD Stil.. vor dem globalen Phänomen zunehmender Migrationsbewegungen!



    ..das `duftet´m.E. nach "Kampf um Wählerstimmen" .. aber zum Anderen ist es (fast) sichtbar als art "Irreführung" der Wähler : ..es wird vorgegaukelt , das der Provinzialismus der "Deutschen Ideologie"- der Macht der Ökonomie, Konsumkraft und der Abgrenzung, futuristisch global haltbar ist ? ..all das Geschnakke nur im Namen politischer Macht ?



    Gähn !

  • Es ist in der Tat uninteressant, was rechte Populisten wie Spahn zum Thema sagen. Eher schon, wie sich AKK dazu verhält, ob sie sich davon treiben läßt oder sich endlich mal um Wchtigeres kümmert.



    Wir sind geschlagen mit einer Politkaste und Medien, die seit sich seit Jahren am fast ausschließlich am Thema Migration abarbeiten.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @neu_mann:

      ...Frau Kramp-Karrenbauer (?) ist hier keine Ausnahme, erst vor wenigen Tagen hörte man, sie wolle die sog. doppelte Staatsbürgerschaft abschaffen.



      Ein Deutscher soll halt zu 100 % deutsch sein, sonst ist er kein Deutscher.



      Diese Sorte von Politikern, wie Spahn, Merz, oder Kramp-Karrenbauer, passen so richtig gut zur neuen, rechten CDU.

  • Einen Vertrag kann man "schrotten", wenn man ihn kündigt oder sich einfach nicht daran hält, wie es die USA oft tun.



    Einen Entwurf nicht zu unterschreiben bedeutet nur, daß es kein Vertrag wird.



    Wie im Artikel richtig steht, der Entwurf wird seit 2016 verhandelt.



    Wann hat eigentlich die TAZ die die möglicherweise interessierte Öffentlichkeit erstmals über Vertragsinhalte informiert ?

    • @Don Geraldo:

      Wann hat eigentlich der Abgeordnete und spätere Minister Spahn "die möglicherweise interessierte Öffentlichkeit erstmals über Vertragsinhalte informiert " ?

      Entweder er hat es verpennt oder aber er hat die Selbstverständlichkeit des UN-Vertrags akzeptiert und sah keinen Anlass zum Mosern.

      Der Verdacht drängt sich auf, dass er erst durch die AfD-Propaganda und durch seine Profilierungssucht im schwarz-blau-braunen Grenzbereich dazu animiert wurde.