Kommentar Sozialer Arbeitsmarkt: Über die Details muss man streiten
Dass die Bundesregierung wieder Langzeitarbeitslose fördern will, ist begrüßenswert. Doch die Kritik daran zeigt, dass es keinen Königsweg gibt.
D as geplante Gesetz zur Förderung von Langzeitarbeitslosen ist zunächst einmal eines: ein stillschweigendes Eingeständnis, dass die mit Hartz IV eingeführten Ein-Euro-Jobs ein Fehlschlag für die Integration in den ersten Arbeitsmarkt waren. Deshalb ist es begrüßenswert, dass die Bundesregierung wieder Langzeitarbeitslose fördern will.
Über die Details muss man streiten: Dass der Bund Zuschüsse nur in Höhe des Mindestlohns zahlt, dürfte Arbeitgeber dazu verleiten, Arbeitslose zu Billigkonditionen einzustellen und regulär Beschäftigte zu verdrängen. Dennoch wäre es gut gewesen, wenn die kritischen Stellungnahmen aus Opposition und Gewerkschaften differenzierter ausgefallen wären. Bei der Förderung von Langzeitarbeitslosen gibt es keinen Königsweg.
Wer wie Linkspartei oder Verdi fordert, dass die Stellen für Langzeitarbeitslose „zusätzlich“ sein sollen, will vor allem die Stammbelegschaften schützen. Denn „zusätzlich“ heißt meist, dass die Geförderten eine Arbeit verrichten, die niemand braucht – und die sie deshalb auch nicht für eine reguläre Tätigkeit qualifiziert.
Auch die Forderung nach staatlich bezuschussten Löhnen auf Tarifniveau bei den Arbeitslosenjobs hat ihre Tücken. Ist die Bezahlung zu hoch, sinkt die Bereitschaft der so Beschäftigten, sich um dauerhafte Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu kümmern – und für Arbeitgeber, reguläre Stellen zu schaffen. Die ABM-Karrieren von Akademikern in den Neunzigerjahren sind ein warnendes Beispiel. Eine gewisse Lohndeckelung im zweiten Arbeitsmarkt kann daher sinnvoll sein und muss gegen ihre Nachteile aufgewogen werden.
Notwendig ist daher vor allem eine genaue Evaluierung des neuen Langzeitarbeitslosenprogramms – eine, die im Sinne der Arbeitslosen analysiert.
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