Kommentar Seehofers Familiennachzug: Der Sound des Stammtischs
Geflüchtete können bald wieder ihre Familie nachholen. Das Heimatministerium legt allerdings Ausnahmen fest – sie sind plump und populistisch.
S ein Ministerium ist auch für Heimat zuständig, der Islam gehört für ihn nicht zu Deutschland und Führungsposten besetzt er ausschließlich mit Männern: Der neue Innenminister Horst Seehofer (CSU) hält die deutsche Öffentlichkeit beschäftigt. Allerdings eher auf einer diskursiven denn einer realpolitischen Ebene: Die abstrakten Heimatdiskussionen, das Verhältnis zum Islam und die Frage, welches Deutschland durch die neue Führungsriege repräsentiert wird, ließen fast vergessen, dass aus diesem Ministerium nicht nur Debattenanstöße, sondern harte Gesetzesverschärfungen zu erwarten sind.
Das dürfte sich jetzt ändern: Der seit Dienstag kursierende Entwurf für eine Neuregelung des Familiennachzugs lässt die Marschrichtung erahnen. Nach langem Ringen hatten CDU und SPD beschlossen, die aktuelle Aussetzung des Familiennachzugs im August zu beenden. Monatlich 1.000 Personen sollen dann wieder zu ihren hier lebenden Ehepartnern, Eltern oder minderjährigen Kindern nachziehen können.
Seehofers Ministerium legt nun fest, für wen das alles nicht gelten soll, und geht dabei über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag hinaus: Unter anderem sollen Flüchtlinge, die in Deutschland Sozialleistungen empfangen, Ehepartner, deren Ehe nicht im Herkunftsland geschlossen wurde, oder Menschen, die als „Hassprediger“ eingestuft werden, von der Regelung ausgenommen werden.
Darin weht der Sound des Stammtischs: Schmarotzer, Betrüger und Hetzer sollen ihre Familien nachholen? Nicht mit Horst. Dass die Realität anders aussieht – dass es ein seltener Glücksfall ist, sofort einen Job zu ergattern, dass es viele Gründe geben kann, warum eine Ehe in einem anderen Land geschlossen wurde, und dass „Hassprediger“ alles andere als ein trennscharfer Begriff ist – geschenkt. In Bayern sind schließlich bald Landtagswahlen.
Der Populistensound mag Seehofer helfen, die Bayern zu mobilisieren. Für die Betroffenen hat seine Politik allerdings ganz reale Folgen.
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