Kommentar Schutz von V-Leuten: Ignorieren mit Konsequenzen
Über ein Jahr nach dem Bekanntwerden der Taten der Zwickauer Terrorzelle NSU führt der Schutz von V-Leuten offensichtlich erneut zu einer verzerrten Einschätzung. Das ist peinlich und pikant zu gleich.
D ie “Hammerskins“ führen den Kampf für die „weiße Rasse“ mit Musik und Waffen – und doch werden sie in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Das ist auch den Sicherheitsbehörden geschuldet ist, die diese Skinhead-Gruppe und ihre Aktivitäten ignorieren.
In einem internen Dossier hielt das Bundeskriminalamt schon 2012 fest, dass der mit den Verfassungsschützern gemeinsam erstellte „Projektbericht Kameradschaften“ die Hammerskins nur „inadäquat“ darstellt. „Quellenschutz“ könnte der Grund fürs „Ignorieren polizeilicher Erkenntnisse“ sein, heißt es.
Peinlich und pikant zugleich, denn über ein Jahr nach dem Bekanntwerden der Taten der Zwickauer Terrorzelle NSU führt der Schutz von V-Leuten offensichtlich erneut zu einer verzerrten Einschätzung. In den Verfassungsschutzberichten tauchen die Hammerskins nämlich kaum bis gar nicht auf. Und in Niedersachsen heißt es im aktuellen Bericht prompt, die Hammerskins entfalten “keine Aktivitäten“. Stimmt nicht, wie das Treffen am Samstag zeigte.
Die Berichte des Verfassungsschutzes sind für Behörden und Verwaltungen wichtig, um bestimmte Gruppierungen einschätzen und gegebenenfalls handeln zu können. Hätte der Verfassungsschutz seine Arbeit gemacht und über die Hammerskins berichtet, wären die Zuständigen in Werlaburgdorf vielleicht nicht erst nach mehreren Treffen ortsbekannter Rechter eingeschritten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!