Kommentar Schirmloses Griechenland: Hoffen auf neue Spielräume
Griechenland darf endlich den von Europa auferlegten Rettungsschirm verlassen. Entscheidend wird, ob die Gläubiger der Regierung freie Hand lassen.
E ndlich: Griechenland wird am 20. August den „Rettungsschirm“ verlassen, den europäische Institutionen und andere aufgespannt haben. Die linke Syriza-Regierung wird erstmals seit ihrer Wahl im Jahr 2015 einen kleinen Spielraum gewinnen. Sie kann möglicherweise die Reformvorhaben umsetzen, für die sie gewählt worden ist. Die entscheidende Frage ist jetzt: Werden die Gläubiger, also vor allem die Regierungen der Euroländer, ihr freie Hand lassen? Oder setzen sie ihren erpresserischen Kurs fort und zwingen dem Land weiterhin brachiale Kürzungen auf?
Drastische Sparprogramme haben die Krise, in der sich das Land seit 2010 befindet, enorm verstärkt. Dass in Griechenland antieuropäische Populisten keine Massenbewegung in Gang setzen konnten, ist der Syriza-Regierung zu verdanken. Ihre Vertreter haben den Kurs der Gläubiger stets als falsch zurückgewiesen und sind ihm mit der Haltung eines Erpressungsopfers gefolgt – und zwar ohne in antieuropäische Ressentiments zu verfallen. Im Gegenteil, die griechische Regierung setzt nach wie vor auf Europa. Respekt!
Denn es ist keine drei Jahre her, da wollte der damalige deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble Griechenland aus dem Euro mobben. Mit seinem unerbittlichen Sparkurs und markigen Sprüchen hat er Griechenland schwer geschadet. Und en passant die Solidarität in der Europäischen Union unterhöhlt. Eine Folge ist der Brexit, eine andere das weitere Erstarken der extrem Rechten.
Das Beispiel Griechenland zeigt: Die EU-Mitglieder brauchen mehr, nicht weniger Solidarität untereinander. Das heißt auch, endlich einen Schuldenschnitt vorzunehmen. Die Euroländer haben jetzt die Chance, ihre Fehler wenigstens partiell zu heilen. Sie müssen Griechenlands neuen Weg so weit unterstützen, wie es nur möglich ist, mit Fördergeldern aus der EU, aber auch bilateralen Programmen. Vor allem Deutschlands Regierung hat eine Menge gutzumachen an Griechenland – und an Europa.
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