Kommentar SPD in Koalitionsgesprächen: Bauchschmerzen
Ein Gespräch auf Augenhöhe wird das nicht mehr: Die Sozialdemokraten gehen schlecht präpariert in die Prüfung namens „Koalitionsverhandlung“.
J edes Schulkind kennt, was die SPD nun fühlt: Bauchschmerzen. So wie sich Kinder nach mäßiger Vorbereitung auf den Weg zur Matheprüfung machen, so flau mag der SPD-Verhandlungstruppe zumute sein, wenn sie am Mittwoch erstmals auf die Unions-Mannschaft trifft.
Denn schon jetzt ist klar: ein Gespräch auf Augenhöhe wird das nicht mehr. Kann es gar nicht mehr werden. Die SPD hat in den vergangenen vier Wochen viel dafür getan, sich für die ungeliebte schwarz-rote Koalition aufzumuskeln. Sie hat sehr laut ihre Forderungen nach Mindestlohn, gerechter Rente und Bildung wiederholt. Und besonders nachdrücklich hat sie erklärt, dies alles sei nur mit höheren Steuern zu finanzieren.
Nach dem Konvent vom Sonntag aber sieht die Sache anders aus. Denn von Steuererhöhungen ist nun nicht mehr die Rede. Parteichef Sigmar Gabriel sagte nach dem Konvent, das Thema werde man mit der Union „auf der Basis des Wahlprogramms verhandeln“. Vergleichbar dem Kind in der Schule, wird es aber für die Bewertung des SPD-Verhandlungsergebnisses nicht reichen, wenn hinterher gesagt wird, man habe eigentlich alles gewusst, es aber im Moment der Prüfung nicht parat gehabt. Das Ergebnis zählt. Die Herleitung ist höchstens zweitrangig.
Und wie bessere Renten, mehr Bildung, neue Straßen und Brücken bezahlt werden sollen, ist schlicht eine Frage der staatlichen Finanzen. Es könnte der SPD im Laufe der Legislatur auf die Füße fallen, wenn sie in dieser Frage jetzt einknickt. Wieder würde sie es sein, die solide finanzierte Arbeits- und Sozialpolitik versprochen hat.
Dass dieses Land keineswegs, wie von Bundesfinanzminister Schäuble erklärt, über reichlich Steuereinnahmen verfügt, weiß jeder, der mal eine kaputte Schultoilette gesehen hat und vom Lehrer seines Kindes um Spenden für deren Sanierung angebettelt wurde. Vor diesem Hintergrund sollte sich die SPD fragen, ob das Amt des Finanzministers tatsächlich so erstrebenswert wäre. Denn wer will schon gegen seine Überzeugung einen Koalitionsvertrag unterzeichnen, in dem von Steuererhöhungen keine Rede ist, um sie irgendwann doch durchsetzen zu müssen.
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