Kommentar SPD doch gegen Glyphosat: Vernunft in letzter Minute
Was immer den Kurswechsel der SPD verursacht hat: Für den Umwelt- und Verbraucherschutz ist die Entscheidung eine gute Nachricht.
L ange sah es so aus, als ob der SPD mal wieder das Rückgrat fehlt: Bundesumweltministerin Barbara Hendricks formulierte in den letzten Wochen zwar vielfältige Bedenken gegen das gefährliche Pflanzengift Glyphosat. Doch Konsequenzen für das deutsche Abstimmungsverhalten in Brüssel sollte das bisher nicht haben – der Koalitionsfrieden mit dem glyphosat-freundlichen CDU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt und dem schweigenden CSU-Gesundheitsminister Hermann Gröhe ging vor.
Doch es gibt noch positive Überraschungen: Kurz vor der entscheidenden Sitzung der EU hat Hendricks nun erklärt, dass die sozialdemokratischen Minister die geplante Verlängerung der Glyphosat-Zulassung nicht mittragen. Deutschland wird sich darum enthalten müssen, eine Mehrheit in Brüssel für die Zulassung ist damit unsicher – zumal die Kehrtwende von Deutschland auch in anderen Staaten den Mut zu einem Veto steigern dürfte.
Was genau dazu geführt hat, dass die SPD in letzter Minute doch noch zur Vernunft gekommen ist, bleibt unklar – die Argumente gegen das wahrscheinlich krebserregende Glyphosat liegen schließlich lange auf dem Tisch. Offenbar hat sich angesichts des massiven Drucks der Umweltbewegung und der klaren Meinung der Bevölkerung die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Sozialdemokraten ihre Glaubwürdigkeit nicht noch weiter strapazieren dürfen.
Das wäre bei einer deutschen Zustimmung zum EU-Vorschlag zweifellos geschehen. Denn die ist offenbar noch nicht einmal bereit, sich auf den Kompromiss des EU-Parlaments einzulassen, das das Gift nur für sieben Jahre und mit Einschränkungen zulassen wollte.
Doch egal was am Ende den Ausschlag gegeben hat: Für den Umwelt- und Verbraucherschutz ist die Entscheidung eine gute Nachricht – vorausgesetzt, dass die Sozialdemokraten wirklich standhaft bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland