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Kommentar SPD-Parteitag in DortmundDie Suche nach dem Riss im Teflon

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Schulz beklagt sich über Merkel, dabei sollte er lieber ihre Fehler finden. Das wird mit dem unspektakulären SPD-Programm aber schwierig.

Was will die SPD fundamental anders machen? Foto: ap

J etzt ist zu erkennen, wie der Wahlkampf im Herbst laufen wird. Der CDU-Slogan „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ appelliert an die Zufriedenen, denen die Bundeskanzlerin Angela Merkel alle Widrigkeiten vom Hals hält. In einem solchen mit Patina versehenen (und durch die Flüchtlingskrise seltsam unzerkratzten) Bild will das Volk nicht behelligt werden.

Die SPD kreist indes um den Respekt für die Leistungen der Normalen, den Martin Schulz nimmermüde einfordert: für Busfahrer, Krankenschwestern, Eltern. Die SPD-Vorschläge zu Steuern, Bildung, Rente sind allesamt Angebote, dieser Mitte das Leben ein bisschen zu erleichtern. Ruhe und Weiter-so, etwas mehr Anerkennung für die Erschöpften, das sind die mentalen Aggregatzustände des Wahlkampfes.

Diese Inszenierung ist nicht neu. Alle vier Jahre sucht die SPD nach Mitteln gegen die Teflon-Kanzlerin, leider auch mit Angriffen auf der Metaebene. Natürlich muss man kritisieren, dass die Union am liebsten will, dass alles bleibt, wie es ist. Diese Wurstigkeit ist aber kein „Anschlag auf die Demokratie“, wie der Kandidat Schulz atemlos behauptet. Die Konservativen sind, was Programme angeht, sowieso unmusikalisch.

Merkel, die Sachliche, hat die Angriffsflächen extrem verkleinert. Für die SPD ist das ärgerlich. Ein Anschlag auf die Demokratie ist, was Trump in den USA und Erdoğan in der Türkei tun, nicht das Schlaflied der Union.

Der SPD fehlt eine großkalibrige Waffe

Schulz sollte nicht über Merkels Teflonschicht klagen, sondern besser die Risse darin finden. Das wird mit dem in vielem vernünftigen, aber in nichts spektakulären Programm der SPD nicht einfach. Denn im Arsenal der SPD fehlt eine großkalibrige Waffe, eine Forderung, mit der Schulz die Union in die Ecke jagen kann. Die Rente wird das kaum sein. Man gewinnt eine Wahl 2017 nicht mit dem Versprechen, 2030 viel Steuergeld in das Rentensystem zu pumpen.

Schulz & Co tun sich mit der Doppelrolle als Herausforderer und Juniorpartner der Kanzlerin schwer. Das illustriert auch die Suche nach dem Riss in der Teflonschicht. Schulz ist ein begabter Redner, dem auch pathetische Formeln gelingen. So will er mit „heißem Herzen“ für Europa kämpfen. Schön wäre, wenn man beizeiten erfährt, was die SPD fundamental anders als Merkel und Schäuble ­machen will.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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16 Kommentare

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  • Das Rentenkonzept der A. Nahles zu loben, ist eine mathematische Todsünde. Von daher: Schröder go home.

  • "Schulz sollte nicht über Merkels Teflonschicht klagen, sondern besser die Risse darin finden."

     

    "Der SPD fehlt eine großkalibrige Waffe" ?

     

    Die sPD müsste sich doch nur mit den großen privaten Eigentums-, Kapital- und Vermögensverhältnissen in der Gesellschaft ernsthaft beschäftigen. Und dabei nicht auf zukünftige Versorgungs-, Vortrags- und Vorstandsposten spekulieren!

     

    So verfügen nur die zwanzig (weltweit) Vermögensreichsten und mit allen staatlichen und bündnis- „demokratischen“, „freiheitlichen“ und „menschenrechtlichen“ NATO-Gewaltmitteln beschützten Personen heute zusammen über ein Kapital- und Privatvermögen von: etwa 867 Milliarden Euro. Die reichsten Plünderer der Menschheit über zusammen etwa 150.000 x 1. Milliarde Dollar/Euro an privaten Raub- und Ausbeutungsvermögen, weltweit. Aber auch deren bundesdeutscher Anteil über offiziell rund 60 % (inoffiziell über mehr als 70 %) aller Nettovermögen in Deutschland. Nur die beiden Familienmitglieder der Quandts bekamen im März 2017 von der BMW-Aktiengesellschaft eine (einmalige) Jahresdividende von mehr als 1. Milliarde Euro (vor Steuer). Selbst wenn der größere Teil davon in Kapitalanlagen und Produktionsmittel eingebunden wäre, so verblieb hier noch ein gewaltiger Anteil, um damit Kindertagesstätten und Schulen zu sanieren! Die sPD müsste nur wollen. Dabei könnte die sPD in ihrer Geschichte, vor Ebert und Noske, anknüpfen. Sie müsste sich nur auf die Spuren von August Bebel begeben! Selbst damit wäre die sPD noch keine sozialhumanistische und sozialrevolutionäre Emanzipationspartei, sondern nur eine liberal-reformistische Variante der Philanthropen des Kapitals, des christlichen Clubs Deutscher Unternehmer (CDU).

    • @Reinhold Schramm:

      Danke für Ihren Kommentar.

  • Wer als Partei mitverantwortlich für das politische Desaster ist (große Koli

    und früher Koli mit den Grünen) sollte das Maul nicht so weit aufreißen.

    Schulz wird für mich als Wähler zum

    Problem, zum Problem, das diese "Sozipartei" weiterhin auf Lebenszeit unwählbar ist.

    Die wahren und echten Sozialdemokraten sind nur i.d. LINKEN zu finden.

    Basta.

  • Man kann mit der SPD über alles reden, nur die Ehe für Alle ist nicht verhandelbar.

    Das ist die SPD schließlich den vielen hart arbeitenden Menschen da draußen schließlich schuldig.

    Ehe für alle ist die conditio sine qua non bei Koalitionverhandlungen, über Kündigungsschutz, Leiharbeit etc ist man selbstverständlich kompromissbereit.

    Aber sie reden sich immer noch wie anno 1917 mit dem schön-altmodischen Wort Genosse an.

    Die Arbeitnehmerpartei SPD !

  • Komik können die Protagonisten der SPD.

    ZEIT für mehr Gerechtigkeit, dieser Spruch hängte auf dem SPD Parteitag. Das dem Leser die unfreiwillige Komik der Situation gleich mal vor die Augen geführt wird.

     

    Ich weiß nicht, wie man diese Komiker Gruppe SPD noch ernst nehmen soll.

  • Schröder kann Rhetorik immer noch besser als die Jungen, weil er die Lage furchtlos anspricht (ohne ins Detail zu gehen, einmal hat er Andreas Rentenkonzept gelobt).

    Nach der durch programmatische Lustlosigkeit verlorenen Wahl wird sich die SPD neu erfinden müssen, denn die BRD ist nicht konservativer als Großbritannien, wo ein wirklich "sozial" denkender Politiker wie Corbyn viele überzeugt hat (ohne seinen Euroskeptizismus zu teilen).

    Die große Koalition (also auch SPD) hat gerade den Staatstrojaner in die Computer der Bürger gesetzt, bei Verdacht in über 70 Straftatbeständen, nicht nur zur Terrorabwehr. Schadsoftware auf unsere Computer. Und der Richtervorbehalt ist lächerlich: in der Praxis haben sie bisher i m m e r zugestimmt, sie haben nicht einmal die Zeit, sich die Polizeivorlagen anzusehen.

    Die SPD hat zur Senkung der Mieten keine Strategie; ihnen Einhalt zu gebieten, hat die Mietpreisbremse nicht einmal in Ansätzen geschafft.

    Sollten wir ihnen wenigstens eine halbe Stimme geben? Die braven Grünen haben klügere Konzepte, die Linke die bessere Polemik (eine Vermögenssteuer wäre jedoch ein bürokratisches Monstrum, Einkommens-und Kapitalsteuern reichen völlig).

    Die FDP ist wieder wie bei Westerwelle unterwegs, und die CSU fängt die Nazis für Merkel ein. Mit anderen Worten: Wir leben in allerfinstersten Zeiten.

    • @Ataraxia:

      Wer das Nahles'sche Rentenkonzept lobt, muss einen Aussetzer haben.

      Ich kenne Nahles seit vielen Jahren.

      Persönlich.

    • @Ataraxia:

      "Nach der durch programmatische Lustlosigkeit verlorenen Wahl wird sich die SPD neu erfinden müssen, denn die BRD ist nicht konservativer als Großbritannien, wo ein wirklich "sozial" denkender Politiker wie Corbyn viele überzeugt hat..."

       

      Corbyn war für Labour ein Einsatz all in. Gegen eigene Blairites-Fraktion, gegen "linksliberale" und rechtskonservative Medien.

      Die SPD ist zu so einer Erneuerung und zu so einem Bruch ja gar nicht fähig - wie Steinmeier 2009 bewiesen hatte. SPD ist und begreift sich mittlerweile auch als eine Zweckpartei - linke Wählerflanke ohne linke Programmatik in Schach halten.

    • @Ataraxia:

      Sehr passende Zusammenfassung der Lage!

      Allerdings bleibt anzumerken, dass sich sich die Rolle des ollen Schröder zum Glück auf Rhetorik beschränkt, weil er als Politrentner und Lobbyist keine Möglichkeit hat, Merkel mit der SPD rechts zu überholen.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Der Parteitag hat doch das blanke Elend offengelegt. Diese Partei ist die CDU in roter Wolle gefärbt. Wer die SPD will, der muss die Linkspartei wählen.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      "Wer die SPD will, der muss die Linkspartei wählen."

       

      Hm.. das mag für einige ehemals soziale Inhalte der SPD zutreffen, allerdings wählt man dann aber auch den rhetorisch fein verpackten Rassismus von Frau Wagenknecht mit.

      • 2G
        24636 (Profil gelöscht)
        @IL WU:

        Differenzieren sie mal zwischen einer flachen populistischen Strategie und Rassismus. Jemanden wie Wagenknecht als Rassistin zu bezeichnen, das fällt als Hetze und Verunglimpfung auf sie als Kommentator selbst zurück. Das ist einfach nur billig.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      Genau so ist es!

      Nachzulesen bei Lafontaine.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Mit Gabriel vorne dran wäre es wohl anders gelaufen?

    Besser? Schlechter?

    Keine leichte Aufgabe für Schulz.

    Und noch eine Frage: Was will eigentlich der Oppermann?

    • @571 (Profil gelöscht):

      *meld* Wenn ich was sagen darf - Sigmar Gabriel war der Untergang der SPD. Schulz langweilt mich, weiß nicht weshalb. Hoffentlich werd' ich noch fündig ;-) Und Oppermann ist für mich der Mann ohne Rückgrat.

      Er ist so biegsam.